piwik no script img

Kommentar Steinbrücks NebenjobsAuf eigene Rechnung

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Dem Kanzlerkandidaten der SPD fehlt ein Sensorium: das für den sozialen Alltag der Republik. Es gibt bei ihm zu viel Ich und zu wenig Wir.

F ormal ist fast alles in Ordnung. Peer Steinbrück hat seine Nebenjobs bis auf zwei Vorträge korrekt angegeben. Und er hat zudem alle Nebeneinkünfte seit 2009 auf Euro und Cent offengelegt.

Politisch ist aber nichts in Ordnung. Denn Steinbrücks Selbstverteidigung hat eine gewisse Hybris. Im Grunde, so der Unterton seiner Rede, sollte die SPD ihm dankbar sein, dass er es auf sich genommen hat, Finanzmanagern das SPD-Programm zu erläutern. Das ist doch reichlich nassforsch. Denn er hat dabei auf eigene Rechnung gearbeitet.

Es gibt keinen Grund, Steinbrück zu unterstellen, käuflich zu sein. Aber Fakt ist: Steinbrück hat sich als Finanzminister für die Deregulierung der Finanzmärkte eingesetzt. Wäre er nicht Finanzminister gewesen – mit Sicherheit hätte er nicht mehr als eine Million Euro an Honoraren aus der Branche kassiert. Es existiert eine ungute Verschleifung von Amt und privaten finanziellen Interessen.

Bild: taz
Stefan Reinecke

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Das ist ein Graubereich, der nichts mit Korruption oder direkter Einflussnahme zu tun haben muss. Doch dieses Diffuse schadet der Demokratie. Deshalb muss als Nächstes eine präzise Regelung her, was Exminister dürfen und was nicht.

Bei Steinbrück wird immer deutlicher, was ihm als Kanzlerkandidaten fehlt: ein Sensorium für den sozialen Alltag der Republik. Es gibt bei ihm zu viel Ich und zu wenig Wir, viel Distanz zur Partei und ein Selbstbewusstsein, das etwas Dröhnendes hat. Um gegen die geschickte Angela Merkel eine Chance zu haben, müssen die Sozialdemokraten der eigenen Klientel und ihren Sympathisanten einen sehr guten Grund geben, sie zu wählen. Mit einem Kandidaten, der sich vor allem die eigene Partei vom Leib hält, wird das mehr als schwierig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • FS
    Franz S.

    °Wes Brot ich ess, des Lied ich sing"... d.h.:Wer mich bezahlt, dessen Interessen vertrete ich auch!!! Wenn ich die gleichen "Lieder" auch von CDU-.CSU- und FDP-Abgeordneten höre, weiß ich auch ohne "Offenlegung" Bescheid. Seit der Zeit meines Urgroßvaters wurde in unserer Familie SPD gewählt. Jetzt nicht mehr. Ich sehe keinen Unterschied zu den vorgenannten Parteien.

  • B
    Beteigeuze

    Steinbrücks "Nebeneinkünfte"?

     

    Diese Formulierung verwirrt- denn was im Verhältnis von parlamentarischer und eigennütziger Tätigkeit die Haupt- und was Nebeneinkünfte sind, darüber herrscht doch nunmehr Klarheit, oder?

  • N
    Normalo

    Klar, wenn's nach dem absoluten - die meisten Normalbürger völlig überfordernden - Reinheitsgebot gehen sollte, dann müsste man eigentlich Bundestagsabgeordnete vom Beginn ihrer ersten Legislaturperiode bis zum Lebensende in eine Klosterzelle einsperren, damit ihnen nicht irgendein fieser Lobbyist was von den Pfründen einflüstern kann, die sie erwarten, wenn sie...

     

    Folgendes Problem: Unsere Spitzenpolitiker sind eine Elite. Und das werden Spitzenpolitiker immer sein, auch die in einem basisdemokratischen System wie der Schweiz. Sie haben Zugang zu Macht, Geld und Wissen, den Andere nicht haben, und davon wollen sie profitieren. Wer das konsequent zu verhindern sucht, macht sich und das Land nicht glücklich, denn an dieser Motivationslage wird sich nichts ändern, solange wir die Spitzenjobs der Republik nicht an Computer delegieren.

     

    Die Alternativen sind entweder, diese Spitzenleute (im Wesentlichen) bedingungslos so satt abzusichern, dass sie schlicht nicht bestechlich sind, oder aber umgekehrt ihre Möglichkeiten, aus ihrer Bedeutung Geld zu machen, zwangsweise drastisch zu limitieren.

     

    Das Erste ist auf Dauer nicht durchsetzbar, weil es zwangsläufig - z. B. wegen "unwürdigen" Einzelfällen (vgl. Wulff) aber auch aus allgemeinem Sozialneid - zu empfundenen Ungerechtigkeiten führt. Das hat zur Folge, dass über kurz oder aus der Absicherung eine eher ungewisse "Belohnung" für wohlgefälliges Verhalten wird, was die Politiker wieder anfällig für andere Formen der Altersvorsorge macht.

     

    Die zweite Methode hingegen führt in die Aristokratie, denn sie macht die politische Betätigung auf Zeit finanziell zu einer "Liebhaberei". Für Normalsterblichen würde sie die Gefahr bedeuten, z. B. nach vier kurzen Jahren Bundestag aus heiterem Himmel nur noch die (zwar üppige, aber eben nicht gerade elitäre) Abgeordnetenrente beanspruchen zu können, beruflich aber vor dem Nichts zu stehen. Zu solchen Abenteuern sind eigentlich nur Leute bereit, die bereits vor ihrem Eintritt in die Politik ausgesorgt haben.

  • A
    Anarch

    Unser Gesellschaftssystem zerbricht! Hier geht es nur noch um Aktionäre, Banken, Versicherungen und anderen zwielichtigen Einrichtungen. Hier geht es längst nicht mehr um das gemeine Volk. Um dem abzuhelfen,hieße es,kauft nichts mehr bei Aktienunternehmen, schmeißt die Reklame der Versicherungen direkt in den Müll,konsultiert Ärzte nur noch wenn es unbedingt nötig ist, steckt euer Geld in den Sparstrumpf."Verarschen wir uns doch mal selbst" anstatt ständig von diesem politischen Zirkus verarscht zu werden-, dann kommt die Politik auch wieder bei der Gesellschaft an.Entweder lässt man sich von dem Neoliberalismus umbringen oder man sorgt dafür dass er vorher verreckt.Solche Politik ist von jeher schon für Kriege verantwortlich.Was hat uns das Kapital für eine schöne Welt versprochen, als die Politik noch den Weg bestimmte!Wir haben keine Staatsmänner mehr-, nur noch an Fäden gezogene Hampelmänner,die gut quatschen können, aber sonst auch nichts.

  • W
    Wolf

    Jegliche Art von Nebentätigkeit zum Abgeordnetenmandat, insbes. Aufsichtsratstätigkeiten,

    ist die legalisierte Bestechung.

     

    Deshalb fordere ich ein Verbot jeglicher Art von Nebentätigkeiten für die Ebene ab Abgeordneten.

     

    Hauptwirkung erfolgt bei den nächsten Wahlen, es werden sich keine Geldgeilen mehr als Mandatsträger aufstellen lassen und mehr aus dem einfachen Volk rücken nach, so wie es das GG auch fordert (alle Berufsschichten sollten im Bundestag vertreten sein) !

  • W
    Wolf

    Gott bewahre uns vor einem neoliberlaen schwätzenden Freund der Banken.

    Freund der Banken deshalb, weil er als Minister die Banken nicht regulieren wollte und jetzt den Leuten was vorgaukelt.

     

    Eine Spezialdemokratenpartei mit einem derartigen

    Frontmann mit bestbezahlten Nebenjobs ist unwählbar geworden.

     

    Das Volk braucht zwingend alles andere als einen geklonten Gas Gerhard !

  • U
    U.Fbasse

    Steinbrück wird nie Kanzler, das weiss er selbst am besten, er will es auch nicht. Sein Ziel ist es, seinen wie er selbst sagt, "MARKTWERT" zu erhöhen und zu realisieren. Unter Merkel will er nicht, mit Fdp reicht es nicht, mit den Grünen kann er nicht, mit den Linken darf er nicht. Er hält die Spd auf "Grosse Koalition" Niveau, Überlässt nach der Wahl Steinmaier generös das Amt unter Merkel, und wechselt wie Schröder, Fischer und Konsorten in die obere Geldliga, die Vortragsmiliönchen waren doch nur Peanuts... Um sein Ego und seinr Geldspeicher zu füllen gibt er dann auf allen Kanälen den Steinbrück-Schnauze,.. Ist auch möglich, dass die Menschen auch von ihm wie von Guttenberg, Wulff u.a. ein für alle Mal

    die Schnauze voll haben.Seinen Raibach macht Steini so oder so...

  • H
    he76xe

    In der SPD regiert mir zu viele aus dem "Seeheimer -Kreis"

    Mitglieder in diesem exclusiven Kreis? Schaut mal nach , ihr werdet euch wundern.

     

    Seitdem diese Clique dort viele Machtpositionen innerhalb der Partei besetzt und wirkliche Sopzialdemokraten wie Andrea Nahles kaltstellt, kann man diese Partei als Durchschnittsverdiener und gläserner Einkommenssteuerzahler, Normal-Rentner Azubi/Student oder Arbeitloser, nicht mehr wählen.

     

    Selbst kleine Beamte und Soldaten sollten sich überlegen ob diese Partei noch ihre Interessen vertritt.

     

    Gruß aus NRW

    he76xe

  • KK
    Karl K

    Ich sach nur: Wahlkreis Mettmann-Süd! wo die mit dem Aufkleber" Eure Armut kotzt mich an" zu Hause sind.

    Wohnt gleich neben Clement, dem anderen Aktenwerfer ( Hosenlatz-Schily)!

    Noch Fragen?

     

    HartzIV-Verbrecher! wie GazPromGerd & Genosse der Bosse.

    Politisch so dumm-verstiegen, daß sie die Schweine beißen..

    Und werden, auch wenn's mir nicht passen kann, abgewählt bzw nicht gewählt..

    ( keine Bange: die Vortragstermine 2013/14 ? keine Änderungen!)

    So geht das.

  • P
    P.U.Baer

    Es ist schon einige Jahre her: Die Finanzkrise hatte gerade erst begonnen, Steinbrück war wohl noch Finanzminister, da war ich auf einer Veranstaltung, die die aktuelle Wirtschaftssituation zum Hauptthema hatte. Im Publikum waren diverse Unternehmer. Leider kümmerte sich Steinbrück in der Diskussion dann nur darum, wie es gelingt, daß die SPD weiter an der Regierung bleibt.

    Seitdem weiß ich: dem geht es in erster Linie um seine eigene Haut, der Rest der Welt in Not ist Steinbrück ziemlich egal. Schade SPD: So wird das immer noch nichts mit einer anderen Politik. Erst Schröder, dann Steinbrück?! Da wähle ich nächstes mal doch lieber Lafontaine.