Kommentar Spitzelaffäre Iris P.: Keine Vorwürfe an die Opfer
Die Vorwürfe von Innensenator Michael Neumann an die Opfer der polizeilichen Spitzelaffäre sind verwerflich.
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D ie Innenbehörde hat ein Problem mit Iris P.: Zu klären, was sich im Polizeipräsidium vor mehr als zehn Jahren beim Einsatz der verdeckten Ermittlerin alias Iris Schneider abspielte, fällt ihr schwer. Und so ist immer noch ungewiss, welche Anweisungen sie in ihrer Doppelfunktion als verdeckte Ermittlerin für das Bundeskriminalamt und Aufklärerin für den Hamburger Staatsschutz konkret ausgeführt hat und wie weit sie tatsächlich gegangen ist, um in die linke Szene einzudringen.
Aber mindestens so viel ist klar, dass dieser parallele Einsatz gegen alle rechtsstaatlichen Kriterien verstoßen hat. Es steht zudem der Vorwurf im Raum, dass Iris P. eine vorgetäuschte Liebesbeziehung eingegangen ist, um so das Vertrauen ihrer Partnerin zu erschleichen und um sie besser auszuspionieren.
Wenn Innensenator Michael Neumann (SPD) zunächst im Sinne der Unschuldsvermutung für Iris P. verfährt, dann ist das rechtsstaatlich korrekt. Sich aber hinzustellen und den Opfern vorzuwerfen, sie erhöben anonym unhaltbare Vorwürfe und verhinderten die Aufklärung, ist verwerflich.
Vor einem Jahr ist Iris P. als Agentin geoutet worden. Wer als Opfer einer vorgeblichen Liebesbeziehung für den polizeilichen Zweck missbraucht und ausspioniert worden ist, dessen Vertrauen in den Rechtsstaat ist tief erschüttert. Allein deshalb sollte der Senator seine verbalen Attacken unterlassen. Dass die Opfer zunächst kein besonderes Interesse haben, vor denjenigen auszusagen, die sie ausgeforscht haben, ist verständlich. Allemal besser wäre es, sie könnten vor einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen.
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