Kommentar Simbabwe: Den Wahlfälschern in den Arm fallen
Nicht nur Simbabwes Institutionen eröffnet das fehlende Wahlergebnis ungeahnte Möglichkeiten. Auch die Nachbarländer könnten mehr zur Klärung beitragen, als sie zugeben.
D as Geschacher um die Präsidentschaftswahl in Simbabwe nimmt mit jedem Tag, der vergeht, groteskere Züge an. Wer auch immer über den Wahlausgang entscheidet - die Wähler sind es offenbar nicht. Sollte die Wahlkommission des Landes doch noch irgendwann Ergebnisse herausrücken, wird niemand glauben, dass sie der Realität der Wahlurnen entsprechen. Mit Demokratie hat das alles nichts mehr zu tun, sondern nur noch mit dem Bestreben, einen Bürgerkrieg zu verhindern.
Dominic Johnson ist Auslandsredakteur der taz mit Schwerpunkt Afrika.
Vielen Akteuren eröffnet das ungeahnte Möglichkeiten. Simbabwes Justiz könnte mit einem eindeutigen Urteil jetzt einen Wahlsieger küren. Simbabwes Generäle könnten per Putsch Tatsachen schaffen - zugunsten Mugabes oder seines Widersachers Morgan Tsvangirai, je nach Gusto.
Auch die Nachbarländer haben mehr Optionen, als sie selbst zugeben. In Südafrika verblasst der Reiz der bisher von Präsident Thabo Mbeki gepflegten "stillen Diplomatie". Viele ANC-Wähler leiden unter dem Ansturm der Flüchtlinge aus Simbabwe. Der neue ANC-Führer Jacob Zuma hat sich bereits mit Simbabwes Oppositionschef Tsvangirai getroffen - man sagt ihm nach, wenig von Mugabe zu halten, dessen Spitzfindigkeit und Arroganz eher der Mbekis ähnelt. Südafrikas Presse wägt bereits in aller Offenheit das Für und Wider eines Einmarsches ab. Auch Sambia und Mosambik treffen schon militärische Vorkehrungen zur Sicherung ihrer Grenzen.
Welcher der Akteure wird seine Möglichkeiten nutzen? Bisher scheinen alle wie in Angststarre gefangen, unwillig, selbst das kleinste Risiko einzugehen. Damit spielen sie dem Status quo in die Hände und nähren die Mutlosigkeit der Simbabwer.
Es wird Zeit, diese Zurückhaltung aufzugeben. Südafrika sollte in Simbabwe einmarschieren, falls sich der Vorwurf der Wahlfälschung eindeutig bestätigt. Jeder in Simbabwe würde das verstehen. Und niemand würde sich Truppen aus Südafrika in den Weg stellen, wenn der ANC seinen einstigen Waffenbrüdern aus der Zeit des Kampfes gegen weiße Unterdrückung helfen wollte, neues Unrecht abzuschütteln.
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