Kommentar Simbabwe: Schritt zurück vom Abgrund
Es ist verständlich, dass Simbabwes Opposition nicht mehr an der Wahl teilnehmen will. So bleibt zwar Mugabe Präsident - doch seine Macht kommt nur noch aus Gewehrläufen.
Die Entscheidung der Opposition in Simbabwe, nun doch nicht mehr an der Stichwahl um das Präsidentenamt am kommenden Freitag teilzunehmen, ist nur allzu verständlich. Mit Wahlen hatte das, was die Regierung von Robert Mugabe im Sinne hatte, zuletzt nichts mehr zu tun. Der Generalsekretär der Oppositionspartei MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) sitzt im Gefängnis. Spitzenkandidat Morgan Tsvangirai wird komplett am Wahlkampf gehindert. Milizen der Regierungspartei terrorisieren die Aktivisten der Opposition, von denen über 70 ihren Einsatz schon mit dem Leben bezahlt haben. Erst gestern wurde die zentrale Wahlkampfkundgebung der MDC von regimetreuen Schlägern und Polizei verhindert. Das Absagen der Stichwahl durch die Opposition ist ein Schritt zurück vom Abgrund, in letzter Minute.
Formal gesehen ist Robert Mugabe nun automatisch der gewählte Präsident Simbabwes. Aber ein Staat, der demokratische Formen so komplett missachtet, kann sich nicht auf diese Art von Legitimation berufen. Im ersten Wahlgang Ende März lag Tsvangirai vorn, nach eigener Überzeugung sogar mit der absoluten Mehrheit. Die Opposition hält die Mehrheit der Parlamentssitze. Mugabes Macht kommt nur noch aus den Gewehrläufen.
Ein stärkeres internationales Engagement wäre nun unabdingbar. Wieso müssen in afrikanischen Ländern eigentlich immer erst Bürgerkriege ausbrechen, bevor die afrikanischen Nachbarn aktiv werden? Entschlossenes Handeln, mit Südafrika an der Spitze, ist jetzt geboten. Simbabwes demokratische Opposition hofft, mit ihrem Schritt den Impuls dafür zu geben und auch dialogbereiten Kräften in Mugabes Umfeld eine Tür zu öffnen, sich ihrerseits aus der Eskalationsstrategie des Regimes zurückzuziehen.
Das mögliche Ergebnis eines solchen politischen Prozesses liegt auf der Hand: eine Regierung der Nationalen Einheit, die gemeinsam ein Notprogramm zur wirtschaftlichen Gesundung durchsetzt und außerdem wahrhaft freie Wahlen einleitet, sorgfältig und ohne Hast. In vielen anderen Krisenländern Afrikas, vom Kongo bis zur Elfenbeinküste, haben solche Modelle bereits Früchte getragen.
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