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Kommentar Siedlungspolitik IsraelZu tief gesteckte Ziele

Kommentar von Susanne Knaul

Sollte Israel die Siedlungsneubauten auf Eis legen, könnte es zu Friedensverhandlungen kommen. Spannend wird, was dann kommt.

Um das Siedlungsthema ein für alle Mal zu beenden, ist Klarheit über den Grenzverlauf nötig. Bild: reuters

S ollte sich die Meldung des Armeeradios bestätigen und Israel bis auf Weiteres die Ausschreibungen für Neubauten im Palästinensergebiet auf Eis legen, dann bestünde Hoffnung, dass es bald zu neuen Friedensverhandlungen kommt.

Netanjahu braucht gute Gründe für die Maßnahme, die ihm weder die eigene Partei noch der national-religiöse Koalitionspartner allzu rasch verzeihen werden. Offenbar ist es US-Außenminister John Kerry gelungen, den israelischen Regierungschef davon zu überzeugen, dass sich der Ärger lohnt.

Die jüngste Aufstockung der Militärhilfe aus dem Weißen Haus dürfte Netanjahu milde gestimmt haben. Sicher ist, dass er eine vertrauensbildenden Maßnahme wie diese kaum absegnen würde, wenn er nicht sicher sein kann, dass sich auch die Palästinenser bewegen und von ihrem Ross des kompletten Siedlungsbaustopps herabsteigen, auf das sie US-Präsident Barack Obama einst selbst setzte.

Bild: privat
SUSANNE KNAUL

ist Korrespondentin der taz in Jerusalem.

Zwei Monate Zeit bat sich Kerry für seinen Friedensaktionsplan aus. So lange dürfte Netanjahu die Koalitionspartner bei der Stange halten. Spannend wird, was dann kommt. Um das leidige Siedlungsthema ein für alle Mal vom Tisch zu fegen, ist Klarheit über den Grenzverlauf nötig. In den Siedlungsblöcken, die auch in Zukunft unter israelische Souveränität fallen, könnte dann kräftig weitergebaut werden, innerhalb der künftigen Grenzen Palästinas nicht mehr.

In Netanjahus Likud gehen die Parteifreunde auf Abstand zur Zweistaatenlösung, und bei zwei Regierungspartnern ist Palästina schon lange tabu. Mit der aktuellen Koalition in Jerusalem ist eine Einigung über die Grenzen Illusion. Die USA stecken ihr Ziel zu tief, wenn sie auf den Beginn der Verhandlungen bauen, ohne das Ende vor Augen zu haben. Lieber gar keine Verhandlungen als fruchtlose.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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7 Kommentare

 / 
  • BN
    bloß nicht über Palästina reden?

    Zum „Jonas“

     

    Interessant ist Ihr Gideon Böes schon,

     

    vor allem, weil er zu verstehen gibt, die Palästinenser für eine Art „Pinguine“ zu halten. Dabei bringt er zwar zum Ausdruck, dass diese eben doch die ursprüngliche, indigene Bevölkerung sind, aber auch, was man sich selbst antut, wenn man dies nicht respektiert.

     

    Folge dieses Mangels an Respekt und logische Folge ist dann, sie als Tiere zu erklären. Die Erzählung über einen möglichen Vorfall in einer Straßenbahn Stuttgarts im Jahre 1942 erscheint als beispielgebende Handlungsgrundlage, für die Behandlung der Palästinenser durch den Mob, der in Palästina eingefallen ist oder dem, der dies mit aller Gedankenlosigkeit und Menschenverachtung verteidigt

     

    Und so wie die behauptete Goldhagenpassage das Verhalten einer Deutschen als vorbildhaft aufzeigt – damit Goldhagens „die Deutschen“ Lügen straft – gibt diese auch Ausdruck, mit wem man sich im Heiligen Land solidarisieren muss und mit wem nicht.

     

    Fazit: Wer gegen Nazis ist, kann sich der Solidarität mit den Palästinensern nicht verweigern und wird sich dann den Fragen stellen, die von Frau Knaul angesprochen wurden. Die Frau Knaul gab ihrerseits damit zu verstehen, sich eindringlicher mit dem Nah-Ost-Konflikt beschäftigt zu haben, als eben Sie.

     

    In diesem Konflikt ist ohnehin bedeutungsvoller, wer versucht, mit und in ihm materielle und ideelle Geschäfte zu machen – zu Lasten der Palästinenser, der Humanität und des Völkerrechts. Damit sollte sich jeder Bürger der BRD im Jahre 2013 beschäftigen.

  • J
    Julius

    Ich will Ihnen Frau Knaul,die Bereitschaft, sich ernsthaft mit dem Nahostkonflikt beschäftigen zu wollen, nicht absprechen.

     

    Manch anderer, der sich über die bösen Israelis, sein Gemüt erhitzen will, was die Erinnerung so fein verblassen lässt, kann ja mal bei Daniel Goldhagen Nachlesen. Hitlers willige Vollstrecker. Seite 134f, Zitat:

     

    "Als die Deutschen bereits die Mehrheit der deutschen Juden aus dem Land gejagt oder deportiert hatten, ereignete sich eine bezeichnende Episode, die eine nichtjüdische Frau in ihrem Tagebuch festgehalten hat. Es geschah im Oktober 1942 in Stuttgart: „Ich fuhr in der Straßenbahn. Sie war überfüllt. Eine alte Dame stieg ein. Ihre Beine waren so geschwollen, dass sie über den Rand der Schuhe quollen. Sie trug den Davidstern am Kleid. Ich stand auf, damit die betagte Frau sitzen konnte. Dadurch entfachte ich – wie konnte es anders sein?- die so erfolgreich geübte ´Volkswut´. ´Hinaus´, schrie bald der ganze Chor. Aus der Vielfalt der Stimmen hörte ich die empörten Worte ´Juden-knecht!´, ´Würdelose Person!´ Die Straßenbahn hielt auf offener Straße. Der Schaffner befahl: Áussteigen, ihr beide!´“"

     

    Zitat Ende

     

    Hat sich bei manchen Deutschen vielleicht die alte „Volkswut“ über 3000 Kilometer von Deutschland nach Israel verlagert.

    Gideon Böss sagt: “Wenn die Juden einen Teil der Antarktis besetzt hätten, würden sich die Deutschen mit den Pinguinen solidarisieren”

  • RD
    Rainbow Dash

    Friedensverhandlungen mit wem denn? Fatah und PLO haben schon Camp David eine Absage erteilt und stattdessen lieber eine neue Intifada gestartet. Und Camp David sah damals mehr als umfangreiche Zugeständnisse seitens Israels vor, mit Räumung der meisten Siedlungen und territoriale Entschädigungen für die Siedlungen die bleiben sollten, ein geteiltes Jerusalem, Räumung von Gaza und Westbank etc...

     

    Warum sollten sich die selben Gruppen, die schon damals lieber von einem Großpalästina under Einglierung der israelischen Gebiete phantasierten heute dazu herablassen, eine zwei-Staaten Lösung zu akzeptieren? Das, was in Palästina als "moderate Kräfte" bezeichnet werden sind heute unter viel stärkerem Druck der radikal-islamistischen Kräfte um Hamas als zu Zeiten Camp Davids und müssen beweisen, dass sie die "Zionisten" (lies: Juden) viel effektiver und konsequenter bekämpfen als all jene, die auf Raketen zur Beseitigung des "Problems Israel" setzen.

     

    Dass in Israel mittlerweile Parteien herrschen, die eine Zwei-Staaten Lösung für utopisch halten und stattdessen lieber Sicherheitspolitik zur Minimierung des Schadens durch Hamas, Hezbollah, Islamischer Jihad und Fatah betreiben ist kein Zufall, sondern auf der Tatsache gegründet dass alle jene ernstgemeinten Versuche zur Lösung des Konfliktes bei den Palästinensern auf taube Ohren stießen.

  • I
    iwern

    Hallo Frau Knaul. Wie lange verfolgen Sie schon den "Friedensprozess"? Netanjahu wäre nicht Netanjahu, wenn er sich jetzt plötzlich breitschlagen ließe, an Partnern für einen Frieden hat es nie gemangelt. N hat gesagt er wolle ja aber die anderen nicht, kokolorus. Er hat nie gewollt und will es auch jetzt nicht. Netanjahu ist der Großmeister der Finten, sicher auch er lebt nicht ewig, aber solange ein Lackel von Fernsehmodertor, der sich in seinem Leben bisher nur für Livestylethemen interessiert hat, meint ihn stürzen zu können (und das auch noch in die Zeitung steht) und dieser dann mit ihm koaliert, kann er sich ruhig zurücklehnen. Apropos Finten, wer sagt dass Siedlungsbau überhaupt ausgeschrieben werden muss, per seh darf ja ohnehin keine kommerzielle Verwertung v besetztem Gebiet stattfinden, villeicht ist aber auch schon alles längst ausgeschrieben. Sie merken also anhand der Vermutungen was man der Israel. Regierung aufgrund bisheriger Erfahrungen alles an Finten zutraut. Am Anfang seines ersten Mandats hat Obama Netanjahu brandneue F31 (?) Kampfflugzeuge im Wert von 2 Milliarden Dollar geschenkt(!!!) für ein paar Monate Siedlungsbaustop, nur dafür das er goodwill zeigt, am Ende bliebs bei den 3 Monaten Baustopp, die Jets nahm man natürlich trotzdem. hat N auch nicht milde gestimmt. N. hat nie gewollt weil er bislang auch so erfolgreich damit gewesen ist, die Palis sind fast weichgekocht, ob einer nächsten Intifada, ein paar mal wird Israel noch schwitzen, wird wohl noch 50- 60 Jahre so weitergehen, aber dann ist Großisrael da. Die Rechnung kommt später, Israel wir dann auf unabsehbare Zeit vor seinen Nachbarn sich abschotten müssen. Die komplette Ummauerung ist nicht mehr weit von der Vollendung u der Iron Dome wird immer weiter verbessert. Die Wagenburgmentalität auch. Wer wollte sie aufhalten außer die Araber selbst, sollten sich die Kräfteverhältnisse irgendwann mal wieder drehen, wie David Grossman orakelt hat - in der Geschichte passiert so etwas. Wollen wir hoffen das die dann konzilianter mit Israel sind. Amerika wird die Verhältnisse jedenfalls nicht befrieden helfen, dazu ist das politische System der USA nach gegenwärtigem Stand zu polarisiert, und auf der einen Seite stehen immer die Evangelikalen, die einen Frieden in ihrem heiligen Land zuverlässig blockieren. Villeicht haben die ja auch geholfen den Religiösen in Israel zu deratigem Oberwasser zu verhelfen. Bla Bla. die Veränderung muss von innen kommen. Einer Mehrheit der israelischen Wähler muss die Notwendigkeit von Frieden( für beide Seiten, nicht nur ihr eigener)zur Einsicht kommen, und dann muss noch fähiges mutiges polit. Personal zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Rabin wäre der richtige gewesen.

  • G
    Gonzi

    Mag ja alles stimmen Frau Knaul, was sollte dabei das Um-sich-Schlagen der israelischen Luftwaffe in Syrien und kennt man dieses Geschachere mit den USA nicht schon seit langem?

    Als Bush seine Road-Map vorlegte, da stimmte Ariel Scharon zu, aber nur der von ihm veränderten Version, die nur noch wenig mit der von Bush auch danach offiziell vertretenen zu tun hatte.

    Ehrlich gesagt verstand ich damals überhaupt nicht, warum etwa der Fischer von einem positiven Signal und die Medien dies Gehabe von Scharon als Zustimmung werteten.

     

    Wenn Netanjahu "gute Gründe" braucht, wäre da ein Boykott nicht besser, als wenn das Ausland weitere Gelder in die israelischen Haushalte pumpt?

     

    Der Ärger den man bislang in Israel zu verzeichnen hat, wenn der Regierungschef sich auf Verhandlungen einlässt, ist doch nichts weiter als ein hausgemachtes Theater.

     

    Im Grunde ist es egal, welche Koalition in der Knesset die Mehrheit hat. Wenn dem Staat als Ganzem auf die Füße getreten wird, können sich alle dort mit blauen Zehen beschäftigen, wenn sie mögen.

     

    Nur lange laufen wird damit keiner auf Dauer können.

  • E
    end.the.occupation

    >> Offenbar ist es US-Außenminister John Kerry gelungen, den israelischen Regierungschef davon zu überzeugen, dass sich der Ärger lohnt.

     

    So unser ewig naives Milchmädchen ...

     

    >> dass sich auch die Palästinenser bewegen und von ihrem Ross des kompletten Siedlungsbaustopps herabsteigen, auf das sie US-Präsident Barack Obama einst selbst setzte.

     

    ... das als bekennende Zionistin noch nie ein Problem mit der Kannibalisierung des Verhandlungsgegenstands durch seine zionistischen Freunde hatte.

  • J
    Jupp

    Warum die Siedlungsblöcke beibehalten ?

     

    Dafür gibt es doch außer dem israelischen Widerstan gegen deren Abbau, keinen vernünftigen Grund.

     

    Und der Ausgleich an Fläche?

     

    Ist dabei an einem Zugang des Westjordanlandes zum Mittelmeer oder einer Landverbindung zwischen dem Gazsstreifen und dem Westjordanland zu denken?

     

    Wenn nicht, was soll letztes bei klaren Grenzfestlegungen rauskommen?