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Kommentar Selbstmordanschläge ÄgyptenAl-Qaidas Kalkül in Ägypten

Was in den ersten Minuten des Jahres 2011 passierte, hat eine neue Qualität. Mit Jahresbeginn ist al-Qaidas Wahnsinn, wie man ihn aus dem Irak kennt, auch in Ägypten eingezogen.

E s gab in den letzten Jahren immer wieder Spannungen zwischen Muslimen und christlichen Kopten in Ägypten: Mal ging es um den Bau von Kirchen, mal um Blutfehden zwischen muslimischen und christlichen Klans, zu denen es gerade im südlichen Oberägypten immer wieder kommt. Auch die Diskriminierung der Kopten als Bürger zweiter Klasse gehört im Land am Nil leider zum Alltag.

Doch was in den ersten Minuten dieses Jahres in Alexandria geschah, hat eine neue Qualität. Das Massaker, das ein Selbstmordattentäter dort vor einer vollgepackten Kirche anrichtete, war ein professionell durchgeführtes Attentat mit dem Ziel, so viele Christen wie möglich zu ermorden.

Der Anschlag trägt die Handschrift al-Qaidas. Seit Monaten hatte sie ihn bereits im Internet angekündigt - als Rache für eine Affäre, die in Ägypten seit Monaten Furore macht. Zwei Ehefrauen von christlichen Priestern sollen zum Islam konvertiert sein und in einem Kloster festgehalten werden. Entführt, wie viele Muslime glauben. Zu ihrem Schutz, wie manche Christen meinen. Diese beiden Fälle haben in Ägypten eine öffentlichen Debatte ausgelöst. Und nun müssen sie auch noch als Rechtfertigung für einen blutigen Anschlag herhalten.

Bild: privat
KARIM EL-GAWHARY

KARIM EL-GAWHARY ist Nahost-Korrespondent der taz. El-Gawahry lebt in Ägypten.

Mit Jahresbeginn ist al-Qaidas Wahnsinn, wie man ihn aus dem Irak kennt, nun auch in Ägypten eingezogen. Wird dieses Attentat Ägyptens Muslime und Christen nun enger zusammenschweißen, wie es auf einer spontanen Demonstration am Samstag in Kairo der Fall war? Oder erreichen die militanten Islamisten ihr Ziel, in der angespannten Lage einen weiteren Keil zwischen die Konfessionen zu treiben?

Um Letzteres zu verhindern, müsste sich die ägyptische Regierung endlich der schleichenden Islamisierung der Gesellschaft entgegenstellen, die die Kopten in den letzten Jahren immer mehr an den Rand gedrückt und isoliert hat. Wo es keine Kluft zwischen Muslimen und Christen gibt, hat al-Qaida auch keine Chance, die Spaltung zu vertiefen.

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Karim El-Gawhary
Auslandskorrespondent Ägypten
Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)
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9 Kommentare

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  • V
    vic

    Herr taz Leser,

    Sie mögen ein Bild vor Augen haben, ich nicht.

    Und Ihre nötigen Konsequenzen mag ich mir gar nicht vorstellen.

  • V
    vic

    Das geht mir mal wieder etwas zu schnell mit der Schuldzuweisung.

    Komfortable Situation für alle religiösen Spinner, denn egal was sie anrichten - im Zweifel war`s immer

    Al-Qaida.

  • P
    ProDiskussion

    Zum Kommentar von MalikK: Ein bemerkenswerter Kommentar, also trägt der "Westen" gewissermaßen die Verantwortung für die perfide Ermordung ägyptischer, irakischer, indonesischer und nigerianischer Christen!?! Außerdem kann man aus dem Kommentar zumindest ein gewisses Verständnis für diese Anschläge ablesen. Wirklich eine bemerkenswerte Logik und Haltung von MalikK.

  • H
    Hatem

    @MalikK

    Ah, ja, ahnte ich es doch: An der Islamisierung ist der Westen schuld.

    Sicher auch am Terror, oder?

    Denn mit dem Islam kann die Islamisierung nichts zu tun haben, da gibt es keinerlei Zusammenhang, nicht wahr?

     

    Im übrigen muss nicht AlKaida hinter dem Anschlag stecken. Ich traue sowas auch der Moslembrüderschaft zu. Die würden damit zwei Ziele mit einem Anschlag treffen: Die Kopten und das Mubarak-Regime.

  • TL
    taz Leser

    Wir haben hier das Bild der Zukunft Deutschlands, es liegt an uns, die nötigen Konsequenzen zu ziehen.

  • M
    MalikK

    ..."wie manche meinen"... Uups, das ist aktuelle journalistische Qualität?

    Und m. M. nach ist auch nicht eine "beginnende islamisierung" das ägyptische Problem, sondern die autoritäre und undemokratische Regierung Mubaraks. Daran allerdings stößt sich der 'Westen' im Gegensatz beim Iran, in keinster Weise, ist Mubarak doch ein Freund der USA. Da darf er sogar Wahlen fälschen...Die "beginnende islamisierung" ist eher Folge dieser unterdrückerischen und vom Westen doch belobigten Regierungsführung.Die Menschen suchen nach Auswegen, der strenge Islam bietet Halt. Für eine "Islamisierung" muslimischer Länder und einen Zusammenhang mit Al-Kaida gibt es Gründe. Für diese sorgt in einem gigantischen Bogen von Westafrika über Ägypten/Horn von Afrika/Naher Osten bis Afghanistan und Pakistan und Indonesien oft genug der 'Westen' mit seiner Politik und militärischem Vorgehen selbst, nur um dann die folgenden Erscheinungen zu beklagen...

  • G
    gaugin

    Hört hört,

     

    "der schleichenden Islamisierung der Gesellschaft entgegenstellen".

     

    Ob das im Sinne des taz-Klientels ist ?

  • JS
    johan Schreuder

    SCHEISS RELIGION

  • D
    derer

    hervorragender kommentar, also nicht die diktatur von unserem freund mubi verhindern, nein, die demokratisch gewählte "islamisierung" (meint er die hinwendung zu nachdenklichkeit?). Mit der Diktatur gehts nämlich prächtig gegen den "terror" - nicht mit kultur und den menschen. Nein mit dem terror der diktatur. Prima kommentar, so logisch. Bitte noch eine hüftprothese für unseren freund mubi und viel spass beim tauchurlaub in agypten!