Kommentar Schwarz-Rot: Die Politik der Bilder
Die Union und die SPD wollen über eine Koalition verhandeln. Erstes Vorhaben: Eine gute Show für die Basis, damit die den Plan auch abnickt.
D as ging jetzt aber flott. Nicht einmal drei Stunden haben die Unterhändler von SPD und Union am Donnerstag gebraucht, um zu einem wenig überraschenden Ergebnis zu kommen: Sie wollen es miteinander versuchen.
Dafür, dass die Große Koalition keine Liebesheirat wäre, ist man sich ungewöhnlich rasch einig geworden. Wichtig ist jetzt die Bilderpolitik. Vor allem darf keiner der Beteiligten allzu große Freude über das Verhandlungsergebnis zu zeigen. Denn noch haben die Gremien der einzelnen Parteien nicht zugestimmt.
Bei den Sozialdemokraten sollen am Sonntag gar 200 Genossinnen und Genossen stellvertretend für die Basis ihr Okay geben. Da wirkt Erleichterung, gar Überschwang über erfolgreich geführte Sondierungsgespräche leicht deplatziert.
Bei seinem Statement unmittelbar nach der dritten und letzten Sondierungsrunde schaute SPD-Parteichef Sigmar Gabriel denn auch angemessen ernst und hielt sich strikt im Konjunktiv. Er glaube, man werde eine gemeinsame Basis mit der Union finden können. Derlei suggeriert Entscheidungs- und Verhandlungsspielraum.
Weit weniger streng wirkten da schon die Unions-Generalsekretäre Hermann Gröhe und Alexander Dobrindt. Während Gröhe so etwas wie Erleichterung anzumerken war, musste sich CSU-Mann Dobrindt zurückhalten, seiner Freude nicht allzu großen Ausdruck zu verleihen. Auch war es ihm ein Anliegen, die Botschaft zu verbreiten, er habe sich mit SPD-Vizechefin Hannelore Kraft ausgesöhnt.
Die beiden waren beim vorangegangenen Sondierungsgespräch lautstark aneinander geraten. Um das Ganze sichtbar und spürbar zu machen, hatten sich in einer Sitzungspause Kraft und Dobrindt auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft gezeigt. Man scherzte. Und mit Verkehrsminister Ramsauer machte Kraft Erinnerungsfotos mit dem Handy. Schön für die beiden. Aber schlecht für die Bilderpolitik.
Es wird doch erst noch um Inhalte gekämpft werden. Oder?
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