Kommentar Schulstudie: Eine andere Schule ist möglich

Die neueste Schulstudie aus Berlin muss man gründlich lesen - und dann schnell handeln: Umstrukturieren von Frontalunterricht zum individuelles Selberlernen.

Wieder einmal sorgt eine Schulstudie für Aufregung - und scheinbar gibt sie allen Recht: Die Gymnasien können tolle Schüler angemessen fördern, trompeten die Philologen. Und der Grundschulverband jubelt, dass die Berliner langen Grundschulen ganz okay sind. Das wäre allerdings der falsche Schluss aus der "Element-Studie", der Studie über die Lernfortschritte an Gymnasien und Grundschulen in Berlin.

Der Verfasser der Untersuchung, Rainer Lehmann, mag ein Scharlatan sein, der in Interviews andere Ergebnisse verkündet, als sie in seinen Studien stehen. Aber was er herausgefunden hat, ist alarmierend. Denn in seiner Studie zeigt er die vier Todsünden der Bildungspolitik. Erstens gibt es ein völlig fragmentiertes Schulsystem, das einen Teil der Schüler mit zehn Jahren zu Bürgern zweiter Klasse stempelt. Zweitens erlaubt es sich der Staat, in seine ungeliebten Schulformen die ältesten und schlechtesten Lehrer zu schicken. Drittens herrscht eine Art des Unterrichts vor, in dem ausgerechnet die kleine Gruppe der allerbesten Schüler gar nicht gefördert wird. Viertens gibt es in der Bevölkerung ein grandioses Missverständnis: dass der Unterricht Marke Gymnasium, alles schnell und ohne Rücksicht auf Verluste, stets als der beste gilt - und individuelles Lernen immer noch den Hautgout des Experimentellen hat.

Nein, die Lehmann-Studie muss man gründlich lesen - und dann schnell handeln. Hamburg hat die Chance dazu, indem es die sechsjährige Grundschule nicht übereilt und dennoch mit Entschlossenheit einführt. Die Hamburger haben den ersten richtigen Schritt getan, indem sie die besten Lehrer in die fünften und sechsten Klasse schicken und sie gut auf ihren Einsatz vorbereiten. Hamburg muss jetzt zeigen, dass man ein Schulsystem von Frontalunterricht auf individuelles Selberlernen umbauen kann. Man kann nur hoffen, dass Hamburgs Schulsenatorin Christa Goetsch da ein gutes Händchen hat - und Ole von Beust mitsamt seiner CDU dem neuen Lernen eine Chance geben wird. Auch jenseits der glamourösen Vorankündigungen.

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