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Kommentar Schleswig-Holsteins VS-ChefMehr als nur eine Personalie

Kommentar von Benno Schirrmeister

Dem Verfassungsschutzchef in Kiel wird sexuelle Belästigung vorgeworfen. Dass der Geheimdienst deviante Typen anzieht, ist kein Zufall.

War bis Montag Chef des Verfassungsschutzes in Kiel: Dieter Büddefeld Foto: dpa

N un hat es also Dieter Büddefeld erwischt. Freunde des Verfassungsschutzes werden die Beurlaubung des Kieler Behördenleiters zur bloßen Personalie bagatellisieren wollen. Der Mann muss ja nicht gehen, weil er vertrauliche Gespräche mit Rechtsradikalen geführt hätte. Man lässt ihn fallen, weil seine Testosteron-Not so groß war, dass sie sich trotz einschlägiger professioneller Erfahrung nicht länger hat verheimlichen lassen.

Er soll – seit Jahren – untergebene Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben. Und er konnte selbst auf dem Dienst-Laptop nicht auf seine geliebten Porno-Filme verzichten, das arme Kerlchen! Klar ist so etwas unschön, schon wegen der Flecken, und vielleicht einer Therapie zugänglich, aber eben rein „persönliches Verhalten“, wie das Innenministerium klargestellt hat. Oder doch nicht?

Nun ist Büddefeld sicher nicht verhaltensauffällig geworden, weil er für den Landesgeheimdienst jobbt. Aber interessanter ist ja die gegenläufige Perspektive: Das Amt für Verfassungsschutz „hat zur Aufgabe, die Werte zu schützen, die unseren demokratischen Rechtsstaat ausmachen“, salbadert es von der offiziellen Homepage. Belege dafür bleiben die Verfassungsschutzämter seit jeher schuldig, weil sie ja ihr Tun und Trachten ins staatliche Geheimnis hüllen.

Dass diese Struktur deviante Typen anzieht, ist aber alles andere als ein Zufall: Denen kommt ja die Verschwiegenheit, die Abwesenheit von effizienter demokratischer Kontrolle zupass. Ja, fast schon ist man erleichtert, dass die Auffälligkeiten sich auf unsägliche, aber im Vergleich harmlose sexuelle Belästigungen beschränken – und nicht in die aktive Terrorfinanzierung übergehen, wie seinerzeit durch Büddefelds Thüringer Amtsbruder Helmut Röwer praktiziert.

Die Verfassungsschutzämter ziehen durch ihre Struktur deviante Typen an

Diese Leute verbergen sich gern hinter der Behauptung, sie würden wichtige Verfassungsgrundsätze schützen, „die das Wesen der Demokratie ausmachen“. Wahrscheinlich, weil die so gar keine Rückschlüsse auf ihre wahre Identität erlaubt. Wie jede gute Geheimdienst-Legende.

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Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.
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5 Kommentare

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  • Jeder achte Internetaufruf aus Deutschland geht auf Pornoinhalte. Dass nicht nur in der Freizeit konsumiert wird, dürfte klar sein. Im Falle von Dieter Büddefeld wäre wichtig zu wissen, ob er sich erlaubte Sexinhalte oder Missbrauchsabbildungen ("Kinderpornografie") bzw. Darstellungen von Gewaltsex heruntergeladen und angesehen hat.

    Wenn Männer sich gegenüber Frauen sexualisiert verhalten, ist das mitnichten ein Indiz für überbordende Potenz. Der Sexualaggressor will lediglich über seine sexuellen Probleme oder eine in seinem sozialen Umfeld nicht akzeptierte und sogar gesetzlich verbotene sexuelle Orientierung hinwegtäuschen.

  • Die Lösung ist doch einfach: Den ganzen Fall zur Geheimsache erklären (Nationale Sicherheit ... ist klar, oder?) und die Frau wegen "drohender Gefahr" unbeschränkt weg sperren ... ach das geht zZt ja nur in Bayern ... keine Sorgen, Hamburg wird folgen.

  • Wer die Auswahlverfahren für Mitarbeiter des Verfassungsschutzes kennt, müsste eigentlich meinen, dass dort nur Heilige arbeiten.

  • Sonst heißt es ja immer, man dürfen Einzelfälle nicht zum Anlaß nehmen, Generalverdächtigungen auszusprechen. Aber wenn es gegen den Verfassungschutz geht, reicht ein Einzelfall offenbar aus, damit der taz-Autor ein allgemeingültiges Urteil über alle Verfassungsschützer fällen kann.

    • @yohak yohak:

      Es ist nichts Besonderes, wenn Männer (oder auch Frauen) während der Arbeitszeit Pornoinhalte gucken.Auch sexualisiert belästigendes Verhalten ist weit verbreitet. Dass Herr Büddekopf die Sexualdarstellungen via Dienstrechner ansah, scheint ein wenig fahrlässig. Und was die sexuellen Übergriffe angeht, wird das normalerweise intern geregelt. Um die Sachlage beurteilen zu können, bräuchte man mehr Informationen.