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Kommentar ScheidungsväterDen Kampf ums Kind befrieden

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die Familienministerin will getrennte Elternteile steuerrechtlich besserstellen. Die Belastung der Kinder könnte sich dadurch verringern.

Trennen ist kein Problem – solange man danach nicht an den Kinder zerrt Foto: dpa

K atarina Barley weiß, wovon sie spricht. Die Familienministerin ist geschieden, die beiden Söhne pendeln seit der Trennung der Eltern zwischen Mutter und Vater hin und her. Und das nicht nur innerhalb einer Stadt, sondern zwischen zwei Bundesländern. Mit erheblichen Folgen für alle Beteiligten: Kinderzimmer in beiden Wohnungen, dazu Zahnbürsten, Kleidung, Schulzeug, Fahrtkosten.

Für die getrennten Eltern bedeutet das eine größere Verantwortung und zusätzliche Kosten. Für die Kinder ein Leben zwischen zwei – oft recht unterschiedlichen – Welten.

Herrscht zwischen den getrennten Eltern Frieden, muss das für alle Beteiligten kein Stress sein. Im Idealfall können Kinder dadurch sogar gewinnen. Sie erfahren unterschiedliche Lebensweisen und bekommen vorgelebt, wie Konflikte sachlich gelöst werden können.

Sie wachsen mit zufriedeneren Eltern auf, weil diese nicht versuchen, wegen der Kinder krampfhaft zusammen zu bleiben. Aus der Trennungsforschung ist bekannt, dass Kinder stärker darunter leiden, mit dauerhaft giftenden Eltern aufzuwachsen, als wenn diese sich trennen.

Der Teufel steckt im Detail

Diesen Realitäten versucht die SPD-Politikerin, die nach der Bundestagswahl am Sonntag Familienministerin bleiben möchte, gerecht zu werden. Sie will Müttern helfen und Väter nicht benachteiligen. Man könnte das auch anders herum formulieren – je nach Sichtweise.

Barleys Idee, getrennte Mütter und Väter steuerrechtlich zu entlasten, ist gut und richtig. So würde beiden Eltern geholfen. Bisher profitiert nur der Elternteil, bei dem die Kinder hauptsächlich leben. Fair ist auch der Vorschlag, sogenannten Hartz-IV-Eltern einen „Erziehungsmehrbedarf“ zu zahlen, der nicht auf das Sozialgeld angerechnet wird.

Komplizierter wird es allerdings bei ihren Ideen wie einer verordneten Mediation für sich trennende Eltern sowie dem paritätischen Wechselmodell. Dahinter steckt der lobenswerte Ansatz, allen Seiten gerecht zu werden, vor allem den Kindern. Aber das Leben ist bekanntlich kein Ponyhof – und der Teufel steckt hier im Detail.

Allein die Mediation: Die Idee ist nicht neu, das Amtsgericht in Cochem versucht als „Cochemer Modell“ schon seit 1992, streitende Eltern zu befrieden. Dabei wird ihnen eine dritte Person an die Seite gestellt, die besänftigen und so eine Einigung zwischen den Eltern hervorbringen soll.

Der Kampf wird oft über die Kinder ausgetragen

„Schlichten statt streiten“ nannte Jürgen Rudolph das Modell, das er entwickelt hat. Der Familienrichter hatte es irgendwann satt, dass Gerichte bei Scheidungen meist für eine Seite entschieden und damit mehr Wut, Verletzungen und Ungerechtigkeiten hinterlassen, als ihnen selbst lieb sein dürfte.

So gut das Cochemer Modell allerdings klingt, so schwer ist es in der Realität umzusetzen, wenn die streitenden Parteien so heftig ineinander verkeilt sind, dass nichts mehr geht. Dann streiten sie mitunter solange, bis die Kinder groß sind. Davon profitiert am Ende niemand. Schon gar nicht die Kinder.

Oder das Wechselmodell: Die Väterlobby hat dafür gesorgt, dass der gleichberechtigte Umgang mit dem Kind so heftig debattiert wie noch nie zuvor. Es funktioniert allerdings nur, wenn sich die getrennten Eltern verstehen.

Tun sie das nicht, wird der Kampf gegeneinander über die Kinder und den Anspruch an sie ausgetragen: Ich will, ich will, ich will. Das ist mein Recht. Nein, ist es nicht, du musst erst … So in etwa. Die Kinder werden meist vorgeschoben mit dem Argument, dass sie das Recht auf gleiche Zeit mit beiden Eltern haben.

Neben der Liebe zum Kind geht es oft um Fiskalisches

Dahinter steckt – neben der ehrlichen Sehnsucht nach dem Kind – häufig aber auch ein fiskalischer Gedanke: Solange die Kinder zu 51 Prozent von einem Elternteil betreut werden, muss die andere Seite vollständigen Unterhalt zahlen. In der Regel sind das die Väter, viele Mütter arbeiten Teilzeit und sind auf das Geld angewiesen. Das mag man ungerecht finden – den „Zahlvätern“ gegenüber. Oder, weil sich manche Mütter weigern, mehr zu arbeiten, als sie könnten.

Das Thema ist hochkomplex und emotional aufgeladen. Und bleibt bei komplizierten Streitfällen trotz aller Schlichtungsversuche vielfach ungerecht. Barley zeigt Mut, sich auf dieses hochverminte Feld zu begeben. Wer aber sollte das tun, wenn nicht die Familienministerin? Sie ist gut beraten, in Streitfällen auf Einzelfallentscheidungen zu setzen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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12 Kommentare

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  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Die Väterlobby"

     

    Das Wort "Mütterlobby" oder "Frauenlobby" habe ich im Diskurs noch nie gehört.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Aber ansonsten ein gelungener Artikel, überkritisch sein, ist ja auch nicht der beste Charakterzug.

       

      Wenngleich ich mich schon Frage, wie einerseits die Forderung danach, dass Männer sich mehr in die Familienarbeit so laut sein kann, aber andererseits Vätern das gemeinsame Sorgerecht nicht unumwunden von den Gesetzgeber*innen zugestanden wird.

      Gleiche Pflichten setzen meines Erachtens auch gleiche Rechte voraus.

       

      Allerdings würden so genannte Väterrechte bei der Wiedereinführung der Wehrpflicht ganz schön Probleme machen. Als Vater mit Väterrechten könnte kein Mann mit Kindern so einfach eingezogen werden wie bisher. Die "Wehrgerechtigkeit" wäre dann nicht mehr gegeben.

      Abgeschafft ist die Wehrpflicht nicht und legitimiert wurde sie immer klassisch patriarchal in Bezug auf die Frauen, die ja die Kinder bekommen. Wenn weibliche Reproduktionsarbeit (Schwangerschaft) finanziell gewürdigt werden würde, dann zerrisse selbst dieses dünne sexistische Band der Legitimation der Wehrpflicht.

       

      Männer- und Fraueninteressen stehen - richtig verstanden -keineswegs in einem Gegensatz, wenn es um die individuelle Emanzipation aus den Zwängen des Patriarchats geht, welches traditionell eben bloß auch in bestimmten Bereichen wie der - ich sag mal - "Häuslichkeit" ein Matriarchat wechselseitig definiert. Soviel zuzugeben dürfte doch Feminist*innen in der Postmoderne möglich sein?

       

      Allgemein wäre in der deutschen Sprache vielleicht besser von "Bevormundung" die Rede. Das ist neutral und umfaßt alle möglichen Arten von Diskriminierung, die mit traditioneller patriarchaler Herrschaft verbunden sind.

      Jede*r kann sich mal bevormundet fühlen und es ist keine Beleidigung, so etwas zu äußern, im Gegensatz zu "Sexist" oder "Rassist", was auf die meisten Menschen so einfach ja nicht zutrifft.

  • "…Das Thema ist hochkomplex und emotional aufgeladen.…"

     

    Das kann frauman wohl sagen.

    So richtig ich finde - die finanziellen

    Verwerfungen etwas zu glätten!

    Der suggerierte Positiveffekt pro Kids -

    Eher zweifelhaft!

    "Selbst wenn du was erstritten kriegst -

    Wenn sie nicht will - kannste dir das übers

    Klo hängen! Also laß es!"

    Dieser kluge Rat von FamRi-Kollegen hat sich -

    Bis heute - verbunden mit 'nem langen

    Atem - mehr als ausgezahlt!

    • 3G
      35730 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Außer, es gibt endlich spürbare Sanktionen gegen Umgangsverweigererinnen. Zweimal nicht zur Mediation erschienen - Sorgerecht auf Bewährung wegen Kindeswohlgefährdung. Dazu müßte das Kindeswohl auch endlich in Zusammenhang gebracht werden mit der Fähigkeit der Eltern, friedlich zu sein. Dazu wiederum müssen absolut gleiche Rechte für beide vorhanden sein. Gibt sie keinen Frieden, wird das Sorgerecht entzogen. Zu hart? Dann seht euch mal die familienfeindlichen Befugnisse der Beistände an. Wie in der Nazizeit.

      • @35730 (Profil gelöscht):

        Ihrem ersten Satz -

         

        Setz ich meinen letzten entgegen.

        Andere mögen anders handeln.

        Einfach war das alles nicht &

        Indoktrination incl.

        Unvergessen meine studiTochter explodierend im Lovre

        " JaMeineScheißenocheins! Was haben mir da meine Mutter&Großmutter über meinen Vater für einen Müll erzählt!

        Wir latschen seit 2 1/2 Std hier durch &

        Der erzählt mir zu all&jedem Genaues -

        Ohne Mickey-Maus am Ohr!" &

        Das noch als vgl.weise harmloses.

        Bin mir aber sicher - hardcoreSanktionen - & die Kinder "hätten im Fall der Fälle immer was gehabt!"

        Daß es Fälle gibt - wo die Gerichte zu bemühen sind - auch zugestanden!

         

        (ps - Mein & der kids Vorteil bis zur endgültigen Trennung war -

        "the man with the dog & the two children!" & Das wirkt bis heute - & zu den Enkeln!;)

        • 3G
          35730 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          :) das tut mir leid für Sie! Zumal es unterschiedliche Lerntypen gibt. Das wissen viele Eltern nicht, und Lehrer. Wie man's macht,...

      • @35730 (Profil gelöscht):

        Erstaunlich wie es manche Leute schaffen nie geschlechtergerecht zu schreiben, aber wenn sie Frauen negativ bewerten wollen lediglich die weibliche Form nutzen wie "Umgangverweigerinnen". Gibt es sicherlich auch bei Männern. Aber auch in diesem Kommentar wird einer männlichen Opferideologie gefrönt. Schade, da der Artikel und der Gesetzentwurf versucht verschiedene Seiten zu versöhnen. Und außerdem der Vergleich mit der Nazizeit: da hat wohl jemand bei den ganzen AntifeministInnen und MaskulistInnen gelernt wie man Kommentare schön zuspitzt. Wenn man sich die aktuelle Sorgerechtssperechung anschaut, sollte man sich die Geschichte tatsächlich mal längerfristig anschauen. Noch bis weit nach der Nazizeit hatten Frauen keine Chance das Sorgerecht für ihre Kinder zu bekommen, da sie nicht mal eigenständige Rechtssubjekte waren und stets einen männlichen Vormund hatten. Das wurde dann geändert und dann wurde die Rechtssprechung umgedreht: vielleicht nicht immer fair und ja da kann man jetzt dran rütteln, aber viele Kommentare vergessen einfach, dass über Jahrhunderte Frauen rechtlich so benachteiligt waren und stattdessen suhlen sich viele Männer in einer eingerichteten Opferhaltung: viele Männer sind es einfach nicht gewöhnt, wenn mal nicht alles nach ihrer Pfeife tanzt. Aber wie gesagt, ich finde man kann durchaus über Reformen diesbezüglich nachdenken, aber immer die binäre Einteilung in böse Mütter und arme Väter ist viel zu einfach und geht am Problem vorbei.

        • 3G
          35730 (Profil gelöscht)
          @Maxi Mum:

          Das ist richtig und wenn Sie sich die Haßtiraden auf die "Unterhaltsverweigerer" anhören müssen, verstehen Sie, daß mit derselben berechtigten Energie der Frauenbewegung jetzt gerüttelt wird, bis es stimmt. Den Forderungen des feminismus wird übrigens mit dem Wechselmodell im höchsten Maße entsprochen und "böse" sind nicht die Frauen, sondern die Beistände, im weitesten Sinne die Jugendämter. Unverheirateten Müttern geben sie eine Beratung, um möglichst alle Hilfe wahrzunehmen, dem Partner im Streit Schaden zuzufügen. Beistände können sie zudem dazu zwingen, eine Kontopfändung zu unterschreiben. Weil das Kindeswohl in Gefahr ist? Ja natürlich, das steht doch in dem Gesetz. Hat aber mit der Wirklichkeit lange nichts mehr zu tun.

        • @Maxi Mum:

          Das Problem sind meiner Erfahrung nach Rechtsanwälte und -anwältinnen, die Familienzerstörung als Geschäftsmodell betreiben, und die ganze damit verbundene Familien(un)rechtsindustrie (VerfahrenspflegerInnen, UmgangspflegerInnen, GutachterInnen etc.). So hat der dafür berühmt berüchtigte Saarbrücker Rechtsanwalt HJ Anton, als ich nach der Trennung das gemeinsame Sorgerecht beantragt habe, sage und schreibe nach und nach 20 Verfahren gegen mich losgetreten, kräftig kassiert und so die Situation immer weiter eskaliert. Deshalb bin ich für die Einführung des gemeinsamen Sorgerechts auch für sog. nichteheliche Kinder ab Geburt und für das Wechselmodell als Standard nach Trennung der Eltern: allen Kindern beide Eltern!

          • @Peter Weinmann:

            Das mit den zig Verfahren kenne ich allerdings auch andersherum: Kindsvater zahlt kein Unterhalt (muss er Jahre später allerdings heftig nachzahlen), reicht aber mindestens einmal jährlich eine Klage ein und gewinnt keine davon, weil sie schlichtweg alle absurd waren. Gemeinsames Sorgerecht war sowieso vorhanden, es ging um den Entzug des anderen Elternteils und vielen anderen abstrusen Angelegenheiten. Er hat sich vor Gericht zwar lächerlich gemacht, aber dennoch hat es alle beteiligten sehr viel Kraft gekostet. Und ganz sicher hat das alles dem Kindeswohl nicht gedient. Umgang wurde auch niemals (!) verweigert, im Gegenteil.

            Fazit: Es gibt nicht nur böse Mütter, auch wenn die Opfer-Väter das gerne so hätten.

             

            Und ich unterstreiche den Satz, dass gemeinsames Sorgerecht eigentlich nur funktioniert, wenn die Eltern auch nach der Trennung auf dieser Ebene zusammen klar kommen.

             

            Und Wechselmodell geht z.B. dann nicht, wenn die Eltern in verschiedenen Städten leben. Das betrifft auch nicht wenige, aber manche Elternteile, die selbst weg gezogen sind, fordern dann das Wechselmodell (oder eben Sorgerechtsentzug des anderen Elternteils) ein. Das ist einfach nur dumm und schädlich.

            • @Hanne:

              @HANNE Ich weiß, dass es auch Mütter gibt, denen das Gleiche passiert, was vielen Väter und ihren Kindern angetan wird. Das macht die Situation natürlich leider nicht besser. Und das Verhältnis dürfte m.E. bei 5:95 liegen.

              Und ein Gesetzgeber, der das vom EuGH geforderte Grundrecht auf gemeinsame Sorge auch für sog. uneheliche Kinder in Deutschland so umsetzt, dass man es gegen den Willen der Mutter nur vor Gericht einklagen kann, schreibt damit praktisch den (Rechts)Streit vor, der von interessierter Seite immer weiter geschürt wird.

              Wechselmodell als Standardmodell bedeutet, dass natürlich in solch besonderen Situation und bei anderen Vorstellungen und Wünschen beider Eltern davon abgewichen werden kann.

              @Sonntagssegler Besagter Anwalt nutzte dafür die staatliche Verfahrenskostenhilfe aus, da die Mutter seit jeher von ALG II lebt. Sie hat nichts gezahlt, ich hab das gesamte Vermögen von meiner Tochter und mir dafür draufhauen müssen.

          • @Peter Weinmann:

            Das tut mir leid für Sie, aber die (Ex-)Frau muss sich die 20 Verfahren natürlich erst einmal leisten können.

            Leider hilft die gemeinsame Sorge auch nicht, wenn der drittletzte Abschnitt aus dem Artikel zuschlägt.

             

            Letztlich muss im Rosenkrieg ja doch alles haarklein festgezurrt sein und der Stress, wenn man sich im Gebirge verläuft und die Kinder zu spät zurückbringt...

            Das bleibt immer.