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Kommentar Sauerland-ProzessZelle mit Schwachstellen

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Das oft bemühte Bild, in Deutschland könnten Dutzende von islamistischen Schläfern auf ihren Einsatz warten, wurde in diesem Prozess nicht ansatzweise bestätigt.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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12 Kommentare

 / 
  • A
    aso

    @ julian:

    „...Dieser Satz gibt mir Rätsel auf. Die Ziele der Terroristen, was könnte das sein?...“:

    Bis 01 konnten Die Taliban relativ ungestört in Afghanistan herrschen. Ein Sammelbecken und Rückzugsgebiet von Terroristen.

    Die Ziele sind z.B. im globalem Djihad definiert. Es geht im Prinzip darum, die Scharia weltweit zu installieren. Wenn Sie sowas nicht wollen: das ist der Grund, aus dem unsere Soldaten dort sind.

    Im übrigem habe ich nicht hysterisch bezweifelt, daß Soft-Targets nie geschützt werden können, sondern lediglich prognostiziert, daß es weitere Anschläge, bzw. Versuche geben wird.

  • J
    julian

    @ Hysteriker a.k.a. aso: Zum Mitmeißeln: ES GIBT KEINE SICHERHEIT vor terroristischen Anschlägen. Ich bin mir dessen bewusst und kann damit leben. Täglich sterben Menschen durch Drogen, Krankheit, Unfälle, Verbrechen - wie viele sind noch mal seit in den letzten 20 Jahren hierzulande durch Terror umgekommen?

     

    "Am sichersten wären sie in einem Land, in dem die Ziele der Terroristen schon verwirklicht wurden: z.B. bei den Taliban...."

     

    Dieser Satz gibt mir Rätsel auf. Die Ziele der Terroristen, was könnte das sein? Vielleicht dass sich unsere Soldaten endlich aus deren Heimat verp***en? Das sehe ich "bei den Taliban" alles andere als verwirklicht.

  • MB
    Martin B.

    Ich weiß ja nicht, was Herr Rath mit einem “gewissen Maß an Kommunikationsüberwachung“ meint. Wenn ein konkreter Verdacht besteht, ist die Kommunikationsüberwachung erlaubt. Und wenn sich der Verdacht nicht bestätigt, müssen die ehemaligen Verdächtigen darüber verständigt werden. Das ist zulässig. Eine Schmerzensgeld für das Eindringen in die Privatsphäre halte ich dann übrigens für angebracht.

    Aber man sollte diesen Fall nicht als Argument für die verdachtsunabhängige Aufzeichnung von Telekommunikationsverkersdaten (Vorratsdatenspeicherung) von allen Bürgern missbrauchen.

    Denn die hat hier gar nicht geholfen.

    Diese Möchtegernattentäter haben sich übrigens auch in einem anderen Punkt dumm angestellt. Ich habe jemand gefragt, der Chemie studiert hat: So wie den Sprengstoff herstellen wollten, hätten die sich höchstwahrscheinlich schon während der Herstellung selbst gesprengt.

     

    Es kann natürlich auch sein, dass es mal weniger stümperhaft agierende Terrorosten gibt.

    Aber die wird man dann auch viel schwerer mit Überwachungsmaßnahmen aufspüren können.

     

    Als mögliche Ermittlungsmaßnahme halte ich eher das Aufstellen von "Fallen" im Internet für sinnvoll. D.h. unbrauchbare Bombenbaunaleitungen mit außergewöhnlichen Zutaten. Eine Zusammenarbeit der Polizei mit Händlern für diese außergewöhnlichen Zutaten würde viele Attentatsversuche auffliegen lassen.

    Man muss dafür nicht die ganze Bevölkerung unter Generalverdacht stellen!

     

    Man muss auch die Gefahr durch Terrorismus im Vergleich zu anderen Gefährdungen einordnen. Jeder® von uns ist z.B. durch Teilnahme am Straßenverkehr viel gefährdeter. Eine Wohlstandumverteilung, die dazu führen würde, dass weniger einen schweren Geländewagen fahren und andere dafür von einem Moped auf eine modernen Kleinwagen umsteigen könnten, wäre nützlicher als die ganzen „Antiterrorgesetze“.

     

    Damit Terroristen statistisch eine ähnlich hohe Gefahr darstellen würden wie z.B. der Straßenverkehr, müssten sie wirksamere Mittel haben als einfache Bomben. Z.B. schmutzige Bomben, also hochradioaktive Stoffe als Beimischung zu konventionellen Sprengsätzen.

    An solche Stoffe können Terroristen dann herankommen, wenn im militärischen und zivilen Bereich damit umgegangen wird. Insbesondere radioaktiver Abfall aus Kernkraftwerken stellt einen potentiellen Rohstoff für eine schmutzige Bombe dar.

    Allerdings will die CDU/CSU die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängern, während sie andererseits immer wieder vor dem Terrorismus warnt und deswegen die Bürgerrechte immer weiter einschränken will. Das passt nicht zusammen! Deswegen ist der Verdacht, dass hier der Terrorismus als Vorwand benutzt wird berechtigt.

  • S
    Sunny

    Der IJU wird hauptsächlich unterstellt, dass sie ein Konstrukt des usbekischen Geheimdienstes ist, um nützliche Id;oten zu finden, die, nachdem sie instrumentalisiert wurden, der Regierung "Antwort"-Maßnahmen ermöglichen.

     

    Die Vorgänge um die vier Sauerland-Schlümpfe entsprechen exakt diesem Vorgehen. Ein besonderes Goodie in den Geständnissen der letzten Tage sind die erwähnten potentiellen Terrorziele/-Gründe: Pakistan, Afghanistan, Tschetschenien, Usbekistan, Amerikaner, Palästina, Deutschland.

     

    Da ist für jede befreundete Regierung, die Bürgerrechte einschränken will, was dabei.

     

    Stärkstes Indiz einer Inszenierung ist und bleibt aber der Sprengstoff, der keiner ist, und glaubt man Chemikern, auch zu keinem Anschlagssprengstoff umgearbeitet werden kann.

  • A
    aso

    @ julian:

    „...Tut mir leid, ich möchte nicht in einem Land leben, wo die Leute in Angst leben und jeder unter Terrorverdacht steht....“:

    Am sichersten wären sie in einem Land, in dem die Ziele der Terroristen schon verwirklicht wurden: z.B. bei den Taliban....

    „...Oder warum sind sie sich da so sicher?...“:

    Weil es logisch ist, daß nach gescheiterten Versuchen weitere stattfinden.

    Auch von Al djazeera, gab es keine einschlägigen Meldungen, daß den Terroristen der Spaß am globalem Djihad vergangen wäre...

  • E
    enno

    @aso: Hey, warum so viel Angst? Die Wahrscheinlichkeit von einem terroristischen Anschlag getroffen zu werden, ist vergleichbar mit einem Sechser im Lotto od. vom Blitz getroffen zu werden. Also was soll's!

     

    Ohne Terrorparanoia wäre es für unsere Politiker jedoch erheblich schwieriger die Bürgerrechte schrittweise auszuhölen. Das macht mir viel mehr Angst, weil es alle trifft!

     

    ...außerdem nervt das Thema... !!!

  • EB
    Ein Brandenburger

    „Und ja, diese IJU existiert wirklich. Mit seinen Aussagen hat Fritz G. wohl endgültig allen Spekulationen den Boden entzogen, dass es sich bei der Anklage ganz oder teilweise um eine Konstruktion deutscher, amerikanischer oder usbekischer Sicherheitskreise handelt.“

     

    Nachdem ich diese Sätze gelesen hatte bin ich vor Lachen vom Stuhl gefallen.

    Nennt man so etwas nicht eine selbsterfüllende Prophezeiung?

     

    Weil Fritz G. darüber gesprochen (ausgesagt) hat gibt es die IJU wirklich. Haben ihm seine Auftraggeber einen Ausweis gezeigt?

    Doch vielleicht waren die Auftraggeber auch bei irgendeinem Geheimdienst angestellt.

    Das würde die vielen Ungereimtheiten plausibel machen.

     

    Wenn alle islamistischen Terroristen solche Diletanten wären, hätten wir keine Anschläge zu befürchten. Entweder würden ihre Sprengkörper nicht explodieren oder sie würden sich bei der Sprengstoffherstellung selbst in die Luft sprengen.

     

    Erinnert sich noch jemand an die sechs Flugzeuge, die 2006 auf ihrem Weg in die Vereinigten Staaten von Terroristen gesprengt werden sollten?

     

    Zitat aus „Neues Deutschland“ vom 10.08.2009:

     

    „Am 9. August 2006, so behaupteten die britischen Behörden, sei unvorstellbares Grauen in letzter Minute verhindert worden. Die Terrorwarnstufe wurde anschließend auf den höchsten Wert gesetzt. Zum Beispiel wurden alle Flüge von Deutschland nach Großbritannien gestrichen. Scotland Yard und Metropolitan Police vereitelten nach eigenen Angaben alle Mordpläne und nahmen 25 Tatverdächtige fest.

     

    Von denen wurden später nur acht überhaupt angeklagt. Am 8. September vergangenen Jahres wurde einer der Angeklagten freigesprochen, bei vier von ihnen sahen sich die Geschworenen nicht in der Lage, einen Urteilspruch zu fällen.“

     

    http://tinyurl.com/Terrorprozesse-im-Nichts

     

    Nicht viel anders wird der Prozess gegen die „Sauerland-Zelle“ verlaufen. Die Beweislage ist dürftig. Das 1000seitige „Geständnis“ wird irgendwann als Buch erscheinen und die gefährlichen Terroristen bekommen eine geringe Strafe.

     

    Außer der Verschwendung von Steuergeldern ist nix gewesen.

  • R
    Rarbenecker
  • J
    julian

    @aso: Wissen Sie da etwa mehr als ich? Haben Sie persönlihen Kontakt zu "Gefährdern"? Oder warum sind sie sich da so sicher?

     

    Und wenn es so ist: Was kann man dagegen schon tun? Sich zuhause verkriechen? Jeden Moslem genau beobachten, weil er ja ein Terrorist sein *könnte*? Tut mir leid, ich möchte nicht in einem Land leben, wo die Leute in Angst leben und jeder unter Terrorverdacht steht. Denn dann haben die Terroristen gewonnen.

  • L
    likewise

    Sie würden ja gerne schlafen, die Schläfer. Aber angesichts der aufgeregten Medien-Hype, die hier in der Öffentlichkeit um sie getrieben wird, kommren sie vor lauter Lachen nicht dazu...

  • J
    Julian

    "Bürgerrechtler müssen anerkennen, dass ein gewisses Maß an Kommunikationsüberwachung, wenn es die Richtigen trifft, Anschläge mit Hunderten von Toten verhindern kann. "

     

    Das möchten uns Polizei, Geheimdienste und die Regierung gerne glauben machen. Es ist OK gegen das Grundgesetz zu verstoßen, wenn wie dadurch auch nur einen Bösen schnappen. Unverletzbarkeit der eigenen Wohnung, Briefgeheimnis Privatsphäre, Unschuldsvermutung und der ganze Weichei-Kram - wenn wir auch nur einen Terroristen schnapppen indem wir alles aufgeben soll uns recht sein oder wie?!?!

     

    Sie klatschen eifrig Beifall bei der Demotage unseres freiheitlichen Rechtstaates. Dabei ist noch nicht mal erkennbar dass die ganzen Terrorgesetze in diesem Fall nützlich geschweige denn nötig waren.

  • A
    aso

    „...Das oft bemühte Bild, in Deutschland könnten Dutzende von islamistischen Schläfern - also unerkannte Terroristen - auf ihren Einsatz warten, wurde in diesem Prozess also nicht ansatzweise bestätigt...“

    Es gibt keinerlei Grund, dieses Bild der vorhandenen Schläfer zu bezweifeln.

    Nicht nur daß unzählige Konvertiten in Terrorcamps ausgebildet wurden/werden, auch die Radikalisierung hier aufgewachsener Muslime ist jederzeit möglich.

    Es ist zu befürchten daß sich nicht alle so dämlich anstellen wie die Sauerland-Gruppe, oder die „Kofferbomber“. Deshalb besteht kein Grund zur Entwarnung. Wir hatten bisher nur Glück.