piwik no script img

Kommentar Russlands Teilabzug in SyrienMission längst nicht beendet

Kommentar von Peter Philipp

Ein Teil der russischen Truppen zieht aus Syrien ab. Putin hat einige seiner Ziele erreicht und wird ein wichtiger Player in Nahost bleiben.

Und nun geht‘s heim? Russischer Kampfpilot in Syrien. Foto: ap

T heatralisch verkündigte George W. Bush am 1. Mai 2003 auf dem US-Flugzeugträger „Lincoln“, die Mission im Irak sei erfüllt. Wir wissen längst, dass die Probleme im Zweistromland da erst richtig anfingen.

Sehr ähnlich klang es bei dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, als er nun überraschend den Teilabzug seiner Truppen aus Syrien bekanntgab: Das Ziel des Einsatzes sei „im Großen und Ganzen“ erreicht. Wirklich? Was war denn dieses Ziel genau?

Meist ist dabei immer von Terrorbekämpfung die Rede. Doch wer dabei an den „Islamischen Staat“ denkt oder die konkurrierende Al-Nusra-Front, der irrt. Russische Erfolgsmeldungen reden von der Liquidierung Hunderter, wenn nicht Tausender von Tschetschenen – also von Russlandfeinden in Syrien. Darüberhinaus hat man ganz offensichtlich vor allem gemäßigte syrische Oppositionsgruppen angegriffen.

Kein Wunder. Druck vom syrischen Diktator Baschar al-Assad zu nehmen, war ebenfalls ein wichtiges Ziel. Und das wurde tatsächlich erreicht. Moskau hat dem syrischen Präsidenten geholfen, das von ihm kontrollierte Gebiet auszuweiten und dessen Machtanspruch zu zementieren – auch durch die Ankündigung von Parlamentswahlen. Assad kann nun in einem fiktiven Normalzustand regieren.

Der russische Einsatz diente auch Moskaus ureigenen Interessen: Russland ist durch seine militärische Intervention auf dem Weg zurück in die bereits vergessen geglaubte Rolle eines wichtigen Players in Nahost. Und zwar auch am Verhandlungstisch.

Immerhin hält die brüchige Waffenruhe in Syrien, was ohne das russische Vorgehen kaum denkbar gewesen wäre. Je mehr sich der Fokus auf Verhandlungen richtet, desto mehr wird Putin auch da mitreden. Er denkt gar nicht daran, Syrien ganz zu verlassen. Seit 45 Jahren hat Moskau den kleinen Stützpunkt im Hafen von Tartus, jetzt auch eine Luftwaffenbasis unweit Latakias. Die Mission ist noch längst nicht beendet.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "Darüberhinaus hat man ganz offensichtlich vor allem gemäßigte syrische Oppositionsgruppen angegriffen."

    Die Ahnungslosen sterben nicht aus.

     

    Hier Herr Phillipp auch für Sie noch einmal:

    "Syria's rebels cannot be divided into radicals and moderates. Any attempt by international powers to distinguish between acceptable 'moderates' and unacceptable 'extremists' is flawed. Where short- or long-term objectives overlap, groups form coalitions regardless of ideology. Across Syria, Islamists battle Assad or ISIS alongside non-Islamists, and Western-supplied arms are used as fire support for extremists."

    (http://tonyblairfaithfoundation.org/religion-geopolitics/reports-analysis/report/if-castle-falls)

  • "Was war denn dieses Ziel genau?"

     

    Eine konkrete Bodenoffensive der syrischen Armee zu unterstützen. Man wollte so lange bleiben, bis deren Erfolg gesichert ist. Nicht länger. So hat es die Führung im Kreml von Anfang an erklärt.