Bernhard Clasen über den russisch-ukrainischen Konflikt ums Meer
: Auf ungelegener Mission

Spätestens seit den russischen Angriffen auf ukrainische Marineschiffe und der Inhaftierung von 24 ukrainischen Marinesoldaten im Schwarzen Meer ist deutlich geworden, dass die Ukraine und Russland die 2003 vertraglich vereinbarte gemeinsame Nutzung des Asowschen Meers nicht umsetzen können. Also bedarf es eines übergeordneten Beobachters und Vermittlers. Dieser könnte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sein.

Doch die Forderung nach einer größeren Rolle der OSZE darf nicht zum Ritual werden. Wer eine Ausweitung der OSZE-Mission auf das Asowsche Meer fordert, muss auch ihre Aufgaben benennen. Welche Mittel sollen einer Mission zur See zur Verfügung stehen? Müssen das Schiffe sein oder reichen ein paar Drohnen? Soll sie eine Annexion des Asowschen Meeres durch Russland verhindern? Soll sie die russischen Kontrollen von Schiffen überwachen? Oder die Einhaltung des russisch-ukrainischen Vertrages von 2003 einfordern?

Am heutigen Mittwoch wird in Kiew der Prozess gegen Wladimir Gorbenko eröffnet. Gorbenko ist Kapitän des auf der Krim registrierten und von der Ukraine inzwischen beschlagnahmten Fischerbootes „Nord“. Gorbenko, der auf der Krim in der Stadt Kertsch lebt, wird von Kiew angeklagt, mit der „Nord“ besetztes Gebiet widerrechtlich betreten zu haben. Wie würde eine OSZE-Mission mit dem Fall Gorbenko umgehen? Russland stützt sich in seiner Ablehnung der Ausweitung des OSZE-Mandats auf formale Gründe. Schließlich beziehe sich die Mission auf das ukrainische Festland. Doch letztendlich geht es Russland um etwas anderes: Man will verhindern, dass Nato-Schiffe die ukrainischen Häfen Mariu­pol und Berdjansk anlaufen.

Ein russisches Njet zu einer OSZE-Mission im Asowschen Meer könnte indes Stimmen in der Ukraine, die Nato-Schiffe im Asowschen Meer fordern, mehr Gehör verschaffen. Und Nato-Schiffe dürften Russland um einiges ungelegener kommen als OSZE-Boote.

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