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Kommentar RundfunkgremienPolitiker raus

Kommentar von Steffen Grimberg

Anrufe bei Senderverantwortlichen sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Einflußnahme über die Rundfunkräte muss beendet werden.

N atürlich zeugen die Intervention des mittlerweile ehemaligen CSU-Sprachrohrs Hans Michael Strepp beim ZDF und die Anrufe der PR-Frau des damaligen Umweltministers Markus Söder beim Bayerischen Rundfunk zunächst einmal von selbstbewusster Dreistigkeit. Dass Politikerinnen und Politiker bei ARD, ZDF und Deutschlandradio wie auch bei anderen Medien Einfluss auf die Berichterstattung nehmen wollen, ist zwar dumm und ärgerlich. Aber kein Skandal – solange sie mit ihren Forderungen nicht durchkommen.

Der Skandal liegt eher im sich hier offenbarenden Rollenverständnis. Danach gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht etwa der Gesellschaft, für die er sendet und die ihn dafür per Gebühr höchst auskömmlich finanziert, sondern der Politik. Schaut man sich die Zahl der PolitikerInnen und deren Einfluss in den entscheidenden Sendergremien an, kann man allerdings tatsächlich zu so einem Trugschluss kommen. Das muss sich ändern.

Weil niemand ernsthaft von der Politik erwarten wird, sich hier selbst zu kastrieren, bleibt nur das Bundesverfassungsgericht. Deshalb ist unabdingbar, dass Karlsruhe bald sein Grundsatzurteil zur Frage der mangelnden Staats- und Politikferne beim ZDF spricht und vor allem der Exekutive engere Grenzen als bisher setzt.

Bild: taz
Steffen Grimberg

ist Medienredakteur der taz.

Daneben muss die Arbeit der Gremien transparenter werden: Der ZDF-Fernsehrat, der nun den Fall Strepp aufklären soll, tagt hinter verschlossenen Türen. Das ist nicht öffentlich-rechtlich, sondern ein Witz. Öffentlich tagende Gremien – bei einigen ARD-Sendern gibt es das schon – verhindern außerdem halbwegs, dass sich die Politik allzu dreist selbst bedient.

Allerdings tragen auch die Redaktionen der Sender mit ihrem Verhalten zu dem gewollten Missverständnis bei, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei der Politik untertan: Wieso bekommen Parteisprecher wie im Fall Strepp von ARD wie ZDF überhaupt darüber Auskunft, was an Berichterstattung über einen Landesparteitag der politischen Konkurrenz geplant ist? Warum war das ARD-Hauptstadtstudio in Berlin so hilfsbereit, Strepp darauf hinzuweisen, dass sich die Kollegen vom Bayerischen Rundfunk des Themas annehmen würden – was der prompt bewusst missverstand und beim ZDF behauptete, die ARD würde gar nicht berichten? Die Medien haben einen Auskunftsanspruch gegenüber der Politik – nicht umgekehrt.

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9 Kommentare

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  • SD
    Stimme der Demokratie

    Jetzt, wo sich die Volkserzieher in den ÖR festgesetzt haben, wollen sie natürlich keinen politischen Einfluss mehr dulden. Konsequent wäre die Abschaffung der ÖR!

  • S
    Synoptiker

    Nein-die GEZ-Gebühren können bleiben. Die privaten Sender sind doch nicht die Lösung, da gibt es überhaupt keine neutralen Nachrichten, noch neutrale Politik-Sendungen. Verdummung und Abrichtung auf ein jämmerliches Konsumenten-Dasein ist oberstes Ziel!

    Die öffentlich-rechtlichen Sender gehören demokratisiert, Haushaltführung, Personalpolitik und Programmgestaltung transparenter gemacht und mit dem Internet technisch weiter entwickelt und somit mit den Usern modernisiert werden. Vorbild können hier die lebhafte Foren-Beteiligung sein!

  • PS
    Patrick S

    Herr Steffen Grimberg

    Bitte recherchieren sie doch mal über die Arbeit der Rundfunkräte.

     

    Wie machen sie ihre Arbeit? Sagen sie mal Nein zu den Wünschen der Intendanten? Wie gehen sie mit Beschwerden von einfachen Bürgern um? Arbeiten sie transparent? Wie ist ihre demokratische Legitimation?

    Wer Sitz dort schon für wie lange drin? Warum gibt es keine Gesamtaufsicht? (ARD, ARD und ZDF)

     

    Daneben können sie mal bitte recherchieren wie gut die Aufsicht der ÖR funktioniert. Wer kontrolliert die ganze Tochterfirmen und Beteiligungen der ÖR? Wer kontrolliert ob die ÖR wirtschaftlich arbeiten? (siehe Skandal um den KIKA wo große Summen einfach veruntreut wurden und niemanden ist was aufgefallen) Wo gehen die 8-9 Milliarden Euro hin? usw

    Ich würde mich freuen wenn dieses Thema mal kritisch recherchiert würde. Vielen Dank

  • B
    Ben

    Beim SWR in Stuttgart braucht die CDU nicht mehr anrufen, die sind schon gleichgeschaltete Medienzentrale. Vor kurzem war Merkel in Stuttgart um Turner beim OB-Wahlkampf zu unterstützen. Tausende Stuttgarter sahen das gar nicht so gern und wollten die Märchen nicht mehr hören., was macht der SWR daraus? Ein kleines Propaganda Video für Turner.

     

    Die Gegenüberstellung ist in einem Video festgehalten. war spar Taz Video der Woche.

     

    http://taz.de/Video-der-Woche/!103899/

  • K
    kroete

    Auch hier wird deutlich wie wichtig politische Transparenz ist, nicht nur bei der Kohle.

    Meinungsbildung ist da eine Großmacht der Medien, daher ist es gut zu wissen, wer besonders dort als Politiker/in in den Gremien sitzt und Druck in eigener Sache macht.

    Information wird so dann ganz schnell zur politischen Agitation.

    Die öffentlich - rechtlichen Sender dürfen sich nicht zum Sprachrohr der Mächtigen machen.

  • H
    Horsti

    Wer sich unbedingt den Parteien-Staatsfunk antun will, kann das ja machen.

    Ärgerlich ist es jedoch dafür auch noch zwangsweise Gebühren zu zahlen.

  • TF
    Thomas Fluhr

    " bei anderen Medien Einfluss auf die Berichterstattung nehmen wollen, ist zwar dumm und ärgerlich. Aber kein Skandal – solange sie mit ihren Forderungen nicht durchkommen."

    Wer weiss wie oft sie durchkommen, erfahren tun wir nur von den Fehlschlägen, die taktisch sein können. Wenn es keine Erfolgsaussichten geben würde, würde wohl niemand anrufen, was ja anscheinend immer wieder mal passiert.

  • PS
    Patrick S

    Die ÖR haben genauso ein Interesse an diesem System wie die Politiker. Das ZDF hätte schon beim Fall Brender die Möglichkeit gehabt dagegen zu klagen. Dies haben sie aber nicht gemacht.

     

    Die ÖR lassen sich von der Politik benutzen und im Gegenzug dürfen sie weiter intransparent schön massig Geld ausgeben. Eine Kontrolle durch die Rundfunkräte brauchen sie nicht zu fürchten.

     

    Nicht nur die Politiker müssten aus den Rundfunkräten raus sondern es muß eine komplette Umstrukturierung der Aufsicht her.

    Wie sollen irgendwelche Sportfunktionäre oder Pfarrer ein 9 Milliarden Mediensystem mit hunderten von Beteiligungen kontrollieren.

    Diese Laien Aufsicht tagt alle paar Monate und hat weder die Kompetenz noch die Zeit die ÖR wirksam zu kontrollieren. Die Rundfunkräte sind Heute einfach ein Ja Sage Verein. Das ist aber nicht nur wegen den Politikern in den Räten so.

     

    Wir brauchen eine Experten Aufsicht wie bei der BBC die auch mal NEIN sagt und ihre Aufsichtspflichten ernst nimmt.

  • R
    Regierungsfrei

    Weg mit den GEZ-Zwangsgebühren, weg mit den Politikern.

     

    Echte Nachrichten findet man doch schon seit Jahren nicht mehr im TV, im Radio oder in den Printmedien, sondern nur noch im Internet bei den Bloggern.

     

    Gebt mal bei Google ein: "Brauchen wir überhaupt noch eine Regierung?" und fangt an Zukunftsgerichtet zu denken.