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Kommentar RüstungsexportzahlenGabriel und die Wummen

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Der Bundeswirtschaftsminister stellt die Exportzahlen zur Rüstung vor. Ein Gesetz soll folgen. Die Ankündigungen verheißen nichts Gutes.

Will heraus in die Welt: das Sturmgewehr HK 417-BW in der Firmenzentrale von Heckler&Koch. Foto: dpa

W enn Sigmar Gabriel am heutigen Freitag die neuen Rüstungsexportzahlen vorstellt, ist eines sicher und eines wahrscheinlich.

Sicher ist: Die Zahl der Ausfuhrgenehmigungen ist im vergangenen Jahr gestiegen. Schon im ersten Halbjahr 2015 hat die Regierung nämlich mehr Waffengeschäften zugestimmt als im gesamten Jahr 2014. Wahrscheinlich ist: Um zu beschwichtigen, wird Gabriel auf sein angekündigtes Rüstungsexportgesetz verweisen.

Als er vor vier Wochen gestehen musste, dass die Zahl der Exporte nach Saudi-Arabien gestiegen ist, hat er es schließlich genauso gemacht. Zumindest teilte der Wirtschaftsminister damals mit, eine Rüstungsexportgesetzkommission einzuberufen. Verkündet er nun, dass er damit ernst macht, sind ihm gute Schlagzeilen sicher. Verdient hätte er sie aber nicht.

Denn wichtig ist nicht, dass ein Gesetz kommt. Wichtig ist, was im Gesetz steht. Und da verheißen Gabriels Ankündigungen nichts Gutes. Im Januar dachte er laut darüber nach, alle bestehenden Vorgaben zu Waffenexporten in einem Gesetz zusammenzufassen. Bisher sind diese Vorgaben über diverse Gesetze und Richtlinien verteilt.

Das Wort grundsätzlich klingt endgültig, in Wahrheit öffnet es aber ein Schlupfloch.

Dazu gehören unter anderem die „Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Rüstungsgütern“. Diese Grundsätze sind bisher nur eine Art freiwillige Selbstverpflichtung. Wer vermutet, dass die Regierung gegen sie verstößt, kann also nicht klagen. Wird die Selbstverpflichtung zum Gesetz, wäre dies möglich.

Die vielen Ausnahmefälle

An der Exportpraxis ändert sich dadurch aber noch nichts. Ein Beispiel: In den Grundsätzen steht, dass die Regierung „grundsätzlich“ die Ausfuhr von Waffen verbietet, wenn der Käufer damit Menschenrechte verletzten will. Das Wort „grundsätzlich“ klingt endgültig, in Wahrheit öffnet es aber ein Schlupfloch. Denn wer nur grundsätzlich keine Genehmigung erteilt, kann in Ausnahmefällen doch ein Auge zudrücken.

Bundesregierungen handhaben es seit Jahren so, wenn sie von ihren eigenen Prinzipen abweichen und Waffendeals mit Saudi-Arabien genehmigen – trotz Menschenrechtsverletzungen. Ob Gerichte diese Auslegung unterbinden würden, ist zumindest fraglich. Wer wirklich ausschließen will, dass deutsche Unternehmen Waffen in Diktaturen verkaufen, müsste also ein Gesetz schreiben, in dem das Wort „grundsätzlich“ gar nicht vorkommt.

Ob Gabriel das will? Unwahrscheinlich. Ob Gabriel das durchsetzen könnte? Wohl kaum. Der Vizekanzler hat nämlich auch noch einen Koalitionspartner. Und die Union hat bereits klargemacht , was sie von einem Rüstungsexportgesetz hält: überhaupt nichts. Und zwar ganz grundsätzlich.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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