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Kommentar Rücktritt von NiersbachLügen, zurücktreten, schwadronieren

Kommentar von Johannes Kopp

Mit dem Rücktritt von DFB-Präsident Niersbach ist noch nichts gewonnen. Was nottut, sind klare Antworten zur Sommermärchen-Lüge.

Nach allen anderen hat auch Niersbach jetzt kein Amt mehr zu verlieren Foto: dpa

E s ist wie so häufig, wenn ein Sportoberhaupt infolge eines Skandals sich widerwillig von seinem heiß geliebten Amt löst. Seit Montagabend wird in etlichen wohlfeilen Kommentaren von der Chance auf einen Neuanfang beim Deutschen Fußball-Bund schwadroniert.

Dabei ist mit dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach nicht irgendetwas abgeschlossen worden. Im Gegenteil: Mit der Aufarbeitung der dubiosen Geldflüsse im Zusammenhang mit der WM 2006 in Deutschland stehen die Ermittler erst am Anfang ihrer Arbeit. Zudem erhärtet sich der Verdacht, dass obendrein im Vorfeld der WM-Bewerbung doch Fifa-Funktionäre bestochen wurden.

Mit seinem Rücktritt hat Niersbach mit Beckenbauer, mit dem pensionierten DFB-Funktionär Horst R. Schmidt und mit seinem Vorgänger Theo Zwanziger gleichgezogen. Auch er hat jetzt kein Amt mehr zu verlieren.

Die kecken Aufklärungsankündigungen des scheidenden Präsidenten erwiesen sich auch an seinem letzten Arbeitstag als reine Luftnummer. Zuversichtlich, so der 64-Jährige, sei er, den Kollegen im Präsidium und den Präsidenten der Landesverbände alle Fragen beantworten zu können. Antworten, die auch von der Öffentlichkeit erwartet würden.

Bis heute hat Niersbach allerdings keine Antwort darauf gegeben, weshalb die Anweisung, unter falscher Zweckangabe 6,7 Millionen Euro an die Fifa zu transferieren, offenbar seine Handschrift trägt. Der Spiegel legte das Papier von 2005 am Wochenende vor, das im Widerspruch zu seiner Aussage steht, erst im Sommer von diesem Vorgang erfahren zu haben. Niersbach wollte und konnte offenbar den schweren Vorwurf der Lüge nicht entkräften.

Das Bild des nützlichen Idioten

Dass er seine Rücktrittserklärung ausdrücklich nicht als persönliches Schuldeingeständnis verstanden wissen möchte, ist Ausdruck einer Schizophrenie, die im Sportuniversum weit verbreitet ist. In einer Welt von Lug und Trug kann man niemanden betrügen. Davon war schon der Radprofi Jan Ullrich felsenfest überzeugt.

Zuletzt zeichnete das Umfeld von Niersbach und er selbst von sich das Bild des nützlichen Idioten. Er, der aufstrebende DFB-Funktionär, war da in etwas mit hineingezogen worden, das viel größer als er selbst war. Obwohl die Staatsanwaltschaft mittlerweile gegen ihn persönlich ermittelt, hat Niersbach die Traute, sich als selbstloses Unschuldslamm zu inszenieren, das mit seinem Abgang auch noch die Verantwortung anderer auf sich lädt.

Niersbach hat sich schon allein deshalb schuldig gemacht, weil sein Aufstieg vom Agenturjournalisten bis an den Schaltknüppel der Machtzentrale des weltweit größten Sportverbandes auf dem Prinzip der devoten Kumpanei beruhte. Bei ihm waren die wichtigen Funktionäre der Welt immer bei einem Freund zu Gast. Das Motto der WM 2006, die Welt zu Gast bei Freunden, war seine Geschäftsgrundlage. Fußballgrößen wie Michel Platini oder Franz Beckenbauer konnte er nichts krummnehmen. Auch keine kriminellen Machenschaften.

Wer jetzt wieder einmal von der Chance auf einen Neuanfang fantasiert, sollte sich die Rücktrittserklärung von Niersbach noch einmal genau anschauen. Gleich zu Beginn betonte er, niemand innerhalb des DFB habe ihm das Vertrauen entzogen. Er geht sozusagen aus freien Stücken. Genau das ist das Problem.

Trotz der bundesweit arg bespöttelten Aufklärungsarbeit von Wolfgang Niersbach wagte es innerhalb des Verbandes keiner, sich gegen ihn zu stellen. Stattdessen wurden immer wieder seine Qualitäten als Netzwerker gelobt. Dieser Opportunismus verspricht nicht viel Gutes für die Zukunft des Deutschen Fußball-Bundes.

Und die Bitte des DFB-Präsidiums an Niersbach, seine Ämter in den Exekutivkomitees der Uefa und Fifa weiter auszuüben, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Zumindest die Ethikkommission der Fifa wird das vermutlich zu verhindern wissen. Wer hätte das gedacht, dass der DFB als Freund von Kungeleien gar einmal den Weltverband übertrumpfen wird.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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2 Kommentare

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  • Liebe Güte, was für ein Auftrieb. Was habt ihr denn erwartet? Fußball auf Nationalebene ist heute eine riesige Entertainment-Industrie, verflochten mit den Wirtschaftskonzernen, vorrangig genutzt als sehr werbewirksames Medienspektakel. Natürlich wird da nichts dem Zufall überlassen. Alles ist käuflich und durchgeplant. Genau wie in der TV- und Filmwelt. Da müssen die Oberen mitmischen - oder den Hut nehmen. So what?

  • Na, da muss jetzt der Beckenbauer ran. Wenn der den Laden übernimmt, wird sicher alles gut.

     

    Ansonsten sollte man diesem Fußball nicht so viel Beachtung schenken. Krocket ist doch auch was schönes.