Beckenbauer und die DFB-Affäre: Der Kaiser ist beleidigt
„Was ist denn das für ein Niveau?“ Das ist Beckenbauers Kommentar zum Kommunikationsverhalten des jetzigen DFB-Führungsduos Rauball und Koch.
MÜNCHEN AFP | In der Affäre um die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 hat Franz Beckenbauer erstmals öffentlich Stellung genommen und dabei die derzeitige Führungsspitze des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) scharf attackiert.
In der Süddeutschen Zeitung (SZ) wirft Beckenbauer den DFB-Interimspräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch Niveaulosigkeit vor, weil beide via Fernsehen ein von ihm angebotenes persönliches Gespräch über die Vorwürfe in Zusammenhang mit der WM-Vergabe abgelehnt hätten. „Was ist denn das für ein Niveau?“, zitierte die SZ den Präsidenten des damaligen WM-Organisationskomitees.
Rauball und Koch hatten Beckenbauer scharf gerügt, weil der im Zuge der WM-Vergabe einen Vertragsentwurf mit Ex-Fifa-Vizepräsident Jack Warner unterschrieben hatte. Rauball hatte das Dokument als „möglichen Bestechungsversuch“ gewertet. Koch hatte Beckenbauer öffentlich aufgefordert, sich intensiver in die Aufklärung der Vorgänge einzubringen.
Beckenbauer sagte nun, er habe Rauball und Koch daraufhin einen der Öffentlichkeit bisher unbekannten „persönlich-strikt vertraulichen“ Brief geschrieben. Darin erklärte Beckenbauer: „Mir war immer wichtig, miteinander und nicht übereinander zu sprechen. Deshalb biete ich Euch ein persönliches Gespräch an, zu dem ich jederzeit kurzfristig nach Frankfurt oder wohin auch immer reisen kann.“
Er werde, so fuhr Beckenbauer in dem Schreiben fort, „Euch bei diesem Gespräch nach bestem Wissen und Gewissen Rede und Antwort stehen“. Dieses Gespräch, so erklärte Beckenbauer weiter, hätte „möglichst bald und unabhängig von einer weiteren Unterredung mit der Kanzlei Freshfields stattfinden“ sollen.
Beckenbauer will reden
Freshfields ist vom DFB als externe Ermittlerin mit der Aufklärung der Affäre beauftragt worden. Gegenüber Vertretern der Kanzlei hatte Beckenbauer bereits als Zeuge ausgesagt, bevor er den persönlichen Brief an Rauball und Koch schrieb. In dem Schreiben erklärte Beckenbauer weiter, er würde es „sehr begrüßen, wenn wir kurzfristig zusammen finden könnten“. Trotzdem sagten Koch und Rauball am Rande des Spiels der Deutschen Nationalmannschaft in Paris in einem TV-Interview, sie hielten es für besser, wenn Beckenbauer zunächst nicht mit ihnen, sondern noch einmal mit Freshfields reden würde.
Beckenbauer beklagte, dass weder Koch noch Rauball ihm persönlich auf sein Angebot geantwortet hätten. Wörtlich sagte er: „Wenn man sich so lange kennt und dann kommt keine Reaktion, und Du bekommst alles nur im Fernsehen mitgeteilt: Ja, wo samma denn?“ Auf die Frage, ob er noch mal dem DFB für Auskünfte zur Verfügung stehe, erklärte Beckenbauer: „Wann und wie, das entscheide ich in aller Ruhe und nach Rücksprache mit meinen Anwälten.“ Er habe ja jetzt „Rede und Antwort“ gestanden.
Anfang November hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main Ermittlungen gegen Ex-DFB-Chef Wolfgang Niersbach und dessen Vorgänger Theo Zwanziger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall aufgenommen. Hintergrund ist der unklare Transfer von 6,7 Millionen Euro im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-WM 2006, der vom WM-Organisationskomitee an den Weltfußball-Verband Fifa geflossen sein soll. Die exakte Rolle, die Beckenbauer dabei gespielt hat, ist noch nicht aufgeklärt.
Leser*innenkommentare
Hans Klemm
Selbst, wenn diese Zeilen nicht aus den Federn von taz-Redakteuren entstanden sind, sollte man sich schon ein wenig über die Art der Aufklärung von Geschehnissen aus den vergangenen Jahren sehr wundern, die unserem Land knapp die WM 2006 bescherte. Die entsprechenden Protagonisten können sich leider kaum mehr erinnern. Doch beteuern sie wenigstens, dass keinerlei „Unregelmäßigkeiten“ dabei im Spiel waren....
Bekanntlich traf man sich damals unter vier Augen, wo zwei Augen das aber nicht bestätigen konnten oder flossen später Gelder, deren Absendung oder Ankunft bis heute unklar sind. Zwischenzeitliche Gespräche wurden von der anderen Seite dementiert, sodass vermutlich zur Klärung, wer gelogen hat, erst ein Richter hinzugezogen werden muss. Der DFB war vielleicht nicht gut beraten, ausgerechnet die benachbarte Kanzlei Freshfields für die „Spurensicherung „einzusetzen, wo auch noch ein alter Bekannter, nämlich als Verbindungsmann zwischen den vergesslichen Streithähnen der vermeintliche neue Präsident agiert...... Eine neutrale internationale Behörde, die den DFB, die FIFA und die Rolle des „Kaisers“ etwas näher zu beleuchten hätte, wäre wohl verständlicher gewesen!
Nun soll nach dem Willen des Herrn Beckenbauer das Geschwader seiner Rechtsanwälte bestimmen, wann und wo er sich für das nächste Gespräch mit seinen ehemaligen Freunden bereiterklären möchte. Das ist einmal eine andere Art von Aufklärung........
Ein Licht am Ende des Tunnels schien allerdings das heutige Treffen des DFB mit der DFL gewesen zu sein, bei dem man wenigstens einig war, dass vor dem nächsten Schritt der Präsidentenwahl erst einmal das „Dilemma der Vergangenheit“ vollständig erledigt sein muss!
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Auch wenn die taz sich durch die strikt vertraulichen Briefzitate als Vermittlerin ins Spiel bringt, möchte ich dem scheuen und schüchternen Kaiser trotzdem abraten, das Angebot anzunehmen. Die taz stellt häufig die falschen Fragen und hat manchmal nicht genügend Respekt vor Ehrenmännern (siehe Bildunterschrift des Titelfotos. Das sieht doch jeder Fußballfan, daß der linke der Kaiser ist, weil Löwen ja keine Brille tragen)