Kommentar Rote Flora: Freiraum sucht Mäzen
Das Beste für Hamburg wäre es, wenn sich ein neuer Eigentümer fände - einer, der die Besetzung des Gebäudes toleriert.
D er Konflikt um die Rote Flora ist keiner, den die Politik lösen könnte. Das Beste für Hamburg wäre es, wenn sich ein neuer Mäzen fände - einer, der die Besetzung des Gebäudes toleriert.
Denn wie sollten Senat und Bürgerschaft einen Konflikt mit Leuten lösen, die die Systemfrage stellen? Die Rotfloristen wollen sich nicht nur eine Nische erhalten oder gar gesellschaftliche Konflikte befrieden. Im Gegenteil: Ihnen geht es ums Ganze, die Abschaffung des Kapitalismus und - vermutlich - von Senat und Bürgerschaft gleich mit. Bei Lichte besehen ist das eine ganz schöne Zumutung.
Es spricht für die Stabilität einer Gesellschaft, dass sie das aushalten kann. Und sie profitiert zugleich davon: Es ist von Belang, dass die Systemfrage gestellt werden kann - weil es das Bewusstsein erhält, dass kein System gottgegeben ist.
Zugleich kann ein Raum wie die Flora dazu dienen, alternative Ansätze einem Realitätstest zu unterziehen. Das wird daran deutlich, wie die Revolutionäre selbst miteinander umgehen und wie stark es ihnen gelingt, über den eigenen Tellerrand hinaus zu wirken, in die Gesellschaft hinein. In dieser Hinsicht gab es zuletzt Zweifel.
Ironischerweise entkommt auch die Flora selbst dem System nicht, denn sie trägt auf unverzichtbare Weise zum Lokalkolorit bei. Was wäre denn ohne sie das beliebte, stetig teurer werdende Schanzenviertel?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt