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Seltsame Schlussfolgerung
Der Bericht und die Einschätzung im Kommentar von Heide Oestreich sind ja in Ordnung, vielleicht bis auf das verallgemeinernde -innen bei den 60%, die meinen ohne Kinder wäre ihr beruflicher Aufstieg besser verlaufen. Hier wurden laut Studie diesmal wirklich sowohl Männer als auch Frauen befragt. Sehr wahrscheinlich, dass es auf Frauen stärker zutrifft, aber das geht aus den Zahlen erstmal nicht hervor.
Ganz abtrus finde ich aber die Schlussfolgerung. Wer wäre darauf gekommen, das als Hinweis auf die Notwendigkeit von mehr Diversität zu sehen?
Sieht man sich die Zusammensetzung dieser 20% "Kinder-VerneinerInnen" an, so liegt dieser Schluss ferner als alpha centauri.
Alleinerziehend, fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeit, wenig Hilfe durch Familienmitglieder, geringes Einkommen...Gründe die politisches Handeln erfordern prägen die Haltung dieser Menschen wahrscheinlich wesentlich mehr als ein diffuser Wunsch nach anderen Lebensmodellen.
Der Vorschlag, den Frau Ministerin Schwesig da vor ein paar Tagen unterbreitet hat scheint mir der Einstieg in eine Jahrzehnte überfällige Maßnahme zu sein. Beide Eltern reduzieren die Arbeitszeit auf ein Maß, dass gemeinsame Kindererziehung zulässt und bekommen dafür einen gewissen finanziellen Ausgleich vom Staat, übrigens auch für Alleinerziehende geplant. Lange Jahre hieß es bei solchen Vorschlägen, das müssten die Tarifparteien regeln, der Staat könnte da nichts tun. Frau Schwesig, der ich viel Erfolg für ihr Vorhaben wünsche, sollte alle Unterstützung bekommen, damit ihr Vorschlag Wirklichkeit werden kann. Damit würde automatisch andere, familienfreundlichere Arbeitszeitmodelle notwendig.Dann steigt vielleicht auch wieder die Lust am Kinderkriegen.
Väter haben sich noch nie "fein rausgehalten". Es kommt halt drauf an, was in den Studien abgefragt wird. Werden denn Frauen gefragt, ob sie mithelfen beim Rasen mähen, Wasserhahn reparieren, Regenrinne flicken, Terasse neu pflastern, Schränke aufbauen, Überstunden im Job, um Geld für die Kinder ranzuschaffen usw.? All das sind Dinge, die zu erledigen sind, wenn man ein ausreichend großes Heim für seine Kinder bieten will.
Mein erster Gedanke war eher, ob nicht der Staat bzw. die Wirtschaft hier ein Problem im Hintergrund ist. Wenn nun die angeblich progressive "Diversität" gepriesen wird, steht halt im Subtext, daß die kinderlose 'Familie' besser für die sog. Arbeitgeber ist.
Genau das wird im Management und der Arbeitswissenschaft kritisch diskutiert. So wird zum Beispiel vielfach an Fragen der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie gearbeitet, auch für Führungskräfte: http://www.hwr-berlin.de/fachbereich-wirtschaftswissenschaften/flexship/
Ganz so einfach ist es also nicht!
Mutterschaft als solche generiert heute keinen Status mehr. Eher im Gegenteil, abfällige Blicke. Dass dann in einer extremen Konkurrenzgesellschaft ab Mitte 30 die durch Frust potenzierte "Reue" einsetzt, ist doch klar. Ich halte es für ziemlich fraglich, ob da mit Diversitätskonfetti viel auszurichten ist. Aber wer milieufern mit dem Prosecco auf dem Balkon sitzt, der flüchtet sich eben in seine eigenen Phantasien.
Es hat ja auch gute Gründe, weshalb viele keine Kinder wollen. Das sind nicht unbedingt die Spaßgesellschafter, sondern die besseren Prognostiker. In Diskussionen hierzu habe ich übrigens öfters aufgeschnappt, dass man sich in die Elternschaft gar nicht reinversetzen, dass man dieses Leben nicht planen könne. Wo man früher von Familienplanung sprach, denkt man heute in Kategorien von Unfällen, deren Eintreten und Auswirkungen man nicht hat absehen können.
Naja Pläne machen kannst du schon, aber es kommt in der Regel nie wie gedacht. Und vorbereiten kann man sich auch eigentlich nicht, weil man erst zu Eltern wird- eben auch im Geiste- wenn das Kind geboren wurde.
Und ja: gesellschaftlicher Druck spielt meiner Meinung nach auch die größte Rolle.
Das Deutschland-Syndrom
Mal nen Vorschlag zur Güte -
Muttern/Vattern - hin oder her -
Wie wärs - wenn als Ziel - nur die Kinder kriegen -
Die eben das ala long wissend wollen - &
Dafür alles getan würde - einschl. Journaille!;) &
Das ewige RumSpenglern&Quenglern endlich in der
Mottenkiste bliebe!
Danke;)
Hannover wird nicht autofrei. Ist das schlimm? Ja, denn es steht für das Scheitern sämtlicher Ansätze für eine progressive Verkehrs- und Klimapolitik.
Kommentar „Regretting Parenthood“: Diversität ist angesagt
Rund ein Fünftel der Väter und Mütter wünscht sich ein Leben ohne Kinder. Daraus folgt trotzdem nicht der Untergang des Abendlandes.
Nur eine Möglichkeit von vielen: die klassische Mutter-Vater-Kind-Hund-Familie Foto: David-W- / photocase.de
Jetzt also beide Eltern. Genauso viele Väter wie Mütter bereuen ihre Elternschaft. Das ist interessant, denn an den Gedanken, dass die Mutterschaft in Deutschland keine einfache Sache ist, sind wir längst gewöhnt. Immerhin sind sie es, die sehr viel öfter beruflich zurückstecken, die die Kinder öfter betreuen und die den Großteil des Haushalts schmeißen. Nach einiger Aufregung um diverse „regretting motherhood“-Studien hatte man sich gerade daran gewöhnt, dass die Belastungen der Mütter offenbar in einigen Fällen zu einer Ablehnung der ganzen Sache führen kann.
Neu ist nun zum einen, dass es ein ganzes Fünftel ist, das sich ein Leben ohne Kinder wünscht. Und zum anderen, dass es genauso viele Väter wie Mütter sind. Die Väter halten sich doch immer fein raus, dachte man, aus den verschiedenen Zeitverwendungsstudien folgern zu können.
Zwei Hypothesen: Erstens ist es oft nicht so einfach, sich immer rauszuhalten. Mit der Aufgabenteilung im Haushalt sind nämlich viele Mütter unzufrieden – und das bekommen auch die Väter ab. Zweite These: Immer weniger Männer definieren sich über das pure Geldverdienen. Sie wollen auch leben – Stichwort: Work-Life-Balance.
Von diesen Thesen ausgehend könnte man sagen: Nicht nur die klassische Mutterrolle erodiert, sondern auch die Vaterrolle. Weder Hausfrau noch Familienernährer sind mehr eine Selbstverständlichkeit. Der Gedanke, dass man alles auch hätte ganz anders machen können, ist keineswegs mehr verboten – und er wird nun eben auch ausgedrückt.
Und? Was folgt? Untergang des Abendlands? Ach was! Es folgt nur, dass mehr Lebensmodelle denkbar werden. Dass Männer und Frauen sich genauer überlegen, ob Familie eigentlich das ist, was sie dringend brauchen. Oder ob sie anders als in der klassischen Familie leben wollen. Gut so. Diversität ist angesagt, und Diversität macht bekanntlich unabhängig.
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Kommentar von
Heide Oestreich
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.
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