Kommentar Regierungserklärung: Gegen das deutsche Interesse
In der Krise wird die deutsche Lösung teurer als eine europäische. Aber noch glauben die Deutschen das nicht.
H urra, schon wieder wird gespart! Dies war die Nachricht zum EU-Haushalt, mit der Kanzlerin Merkel den Bundestag beglücken wollte. Von 2014 bis 2020 soll Europa nur 960 Milliarden Euro kosten – das ist selbst nominal weniger, als beim letzten 7-Jahres-Zyklus veranschlagt wurde. Wird auch noch die Inflation von voraussichtlich 2 Prozent pro Jahr berücksichtigt, dann fällt das reale Minus drastisch aus.
Nun ist es nichts Neues, dass Merkel glaubt, es sei eine gute Idee, mitten in der Eurokrise zu sparen. Sämtlichen Krisenländern wurden bereits harte Budgetkürzungen verordnet. Aber eine Wendung in der Regierungserklärung vom Donnerstag war denn doch bemerkenswert: Merkel sagte, der geschrumpfte EU-Haushalt sei „im deutschen Interesse“.
Über diese drei Worte lohnt es sich nachzudenken. Fakt ist, dass die deutsche Wirtschaft im vergangenen Quartal geschrumpft ist – von der Krise in den anderen Euroländern also erfasst wird. Damit wird offenbar, dass es kein überzeugendes Geschäftsmodell ist, allein auf den Export in die USA und nach China zu hoffen.
Wenn aber Deutschland auf Europa angewiesen ist – wieso ist es dann „im deutschen Interesse“, genau dieses Europa in die Krise zu sparen? Merkel scheint ein ganz eigenes Szenario im Kopf zu haben: Sollte die deutsche Wirtschaft weiter einbrechen, dürfte es rechtzeitig zur Bundestagswahl ein Konjunkturprogramm geben. Denn Merkel will ja nicht verlieren. Dem Wähler würde wiederum erläutert, dass es sich um „deutsche“ Gelder nur für „Deutschland“ handeln würde. Einziges Problem: Dieser rigorose Krisen-Nationalismus würde teurer als eine europäische Lösung. Es ist nicht im deutschen Interesse, manisch auf das deutsche Interesse zu schielen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links