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Kommentar RegierungsbildungHellas in Aufregung

Kommentar von Jannis Papadimitriou

Heute stellt sich die neue Links-rechts-Regierung in Griechenland vor. Mit weiteren Überraschungen muss gerechnet werden.

Mann in Bewegung, mit zwielichtigen Männern im Hintergrund: Alexis Tsipras am Dienstag in Athen. Bild: reuters

D ie Athener Politik ist immer wieder für eine Überraschung gut: Dass der rechte Scharfmacher Panos Kammenos, der linke Außenpolitiker Nikos Kotzias und ein Popstar des Keynesianismus wie Janis Varoufakis derselben Regierung angehören, hätten sich die griechischen Wähler nie erträumt (oder es befürchtet).

Und doch ist es so gekommen. Nach der Parlamentswahl am Sonntag hat der linke Ministerpräsident Alexis Tsipras derart aufs Tempo gedrückt, um seine Regierung in Rekordzeit zusammenzustellen, dass man den Eindruck einfach nicht loswird, es hätte schon vor der Wahl politische Absprachen zwischen weit links und scharf rechts gegeben.

Doch allein die Vorstellung einer großen Koalition mit der liberal-konservativen Partei hätte bei vielen Linkswählern vor dem Urnengang die Stimmung verdorben – und wohl auch ihre Lust, überhaupt wählen zu gehen. Nun müssen sich mit dem größeren Übel anfreunden: Ausgerechnet das Verteidigungsministerium bekommt der rechte Polterer Kammenos. In einer Linksregierung.

Der freundliche Rechtspopulist mit den einfachen Antworten war in den vergangenen 72 Stunden zwar ungewöhnlich still, aber es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis er wieder mal mit nationalistisch angehauchten Sprüchen auffällt, das Nachbarland Türkei auf dem Weg zu einer Diktatur sieht, die sofortige Abschiebung illegaler Einwanderer fordert oder die „Besatzer von der Troika“ fortjagt.

Außerdem wird sich der umstrittene Verteidigungsminister wohl auch als Ersatz-Außenminister in Szene setzen wollen, das haben schon andere vor ihm in diesem Amt versucht.

Immerhin könnte das Regieren mit Kammenos recht unterhaltsam werden, da der Rechtspopulist kein Fettnäpfchen auslassen kann, wenn es darum geht, seinen Anhängern zu schmeicheln und deren patriotische Gefühle zu bedienen.

Und zudem verschafft diese kuriose Koalition dem linken Regierungschef Tsipras einen taktischen Vorteil im Athener Politikbetrieb: Mit Kammenos hätte er nicht nur einen dankbaren Mehrheitsbeschaffer, sondern auch einen Sündenbock parat – für den Fall, das etwas schiefläuft.

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14 Kommentare

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  • In heller Aufregung ist man wohl eher in Berlin, sei es die taz oder der Regierungsbunker. Es sieht so aus, als hätte Tsipras (vorläufig) einen Weg gefunden, das Syriza-Programm durchzuziehen:

     

    - keine Koalition mit den alten, korrupten Machteliten

     

    - ein Abschied von Merkels neoliberalem Spardiktat

     

    Wir werden sehen. Anstatt eher dümmlicher Propaganda ("ein Popstar des Keynesianismus wie Janis Varoufakis") sind Hintergrundinformationen und eine ernsthafte Anlyse [ Greece Phase One - the hard part starts after election day | http://unurl.org/30SE ] offenbar zu viel erwartet. Die taz möchte hier lieber Merkel das Händchen halten, schließlich darf es zum Neoliberalismus keine Alternative geben. Wir werden dann sehen, wie sich die Auseinandersetzung der neuen griechischen Regierung mit EU und EZB entwickelt. Nachdem alle EU-Würdenträger und -Mächtigen bisher nur Arroganz der Macht zur Schau stellen, ist ein Ausstieg Griechenlands aUs der EURO-Zone und eventuell der EU nicht undenkbar.

     

    Auch außenpolitisch ist die Wahl von Syriza für Kalte Krieger kein erfreulicher Event. Griechenland ist, wie John Helmer [ Greek Democracy To Save Europe From Barbarians, Again | http://unurl.org/30Tm ] bemerkt, das einzige NATO-Mitglied, das bisher durch die Macht seiner angeblichen Verbündeten gezwungen wurde, immer wieder gegen die eigenen Interessen zu handeln. Auch hier könnte sich das Blatt nun neu mischen. Strategisch ist die Lage Griechenlands mit seinen Inseln nicht ganz unbedeutend.

     

    Tempo ist dabei essentiell, noch hat man Tsipras und sein Team nicht so recht ernst genommen. Das wird sich bald ändern, und der Widerstand der Mächtigen in EU und NATO, aber auch im eigenen Land, wird massiv werden.

  • Komisch, ich lebe in Griechenland und hoere und sehe die letzten zwei Tage grossteils nur Erfreuliches und Positives. Tsipras sein Tempo und seine Personal-Entscheidungen sind bis dato bemerkenswert.

     

    Es weht ein frischer Wind in Griechenland als auch in der EU, denn Letztere hat einen Opportunisten weniger.

     

    Kammenos? In Griechenland gibt es weit schlimmeres als Kammenos, abgesehen davon ist sein Handlungspielraum sehr begrenzt. Was die Tuerkei betrifft, insbesondere Erdogan, hat er ja nicht einmal ganz unrecht.

     

    Fuer die Migranten muss man hoffen das sich ihre Lage unmittelbar bessert, ich glaube nicht das Kammenos diese Besserung verhindern wird.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @Karl Sonnenschein:

      Dann wollen wir mal hoffen, dass der Rechtsnationalist berechenbar bleibt. Mit Rechtsnationalisten haben wir in Deutschland halt schlechte Erfahrungen gemacht! Auch der deutsche Verfassungsschutz weiß mittlerweile, dass man nicht noch die Waffe dem Rechtsnationalisten liefern sollte. Ich hoffe, Tsipras weiß, was er da tut.

  • mein Liebr, jetzt haste dich aber arg verbogen, klar wo jetzt die Grenzen zwischen rechten und linken Radikalen verschwimmen, muss man halt ein bischen umsteuern, wie sagte der Kaiser: ab heute kenn ich nur noch Deutsche!

  • Trotz meiner natürlichen Naivität und dem sporadischen Konsum von Politikartikeln, glaube ich das der Vergleich von Reinhold Schramm ein etwas verquerer, jedoch im Kern ein zutreffender ist. Griechenland muss in einer Kreise wie dieser schon über Jahre andauernden, Geschlossenheit sowie den Willen voranzukommen beweisen. Den Beweis ist Griechenland jedoch nicht der EZB schuldig, sondern dem Griechischem Volk. Dies kann natürlich nicht geschehen wenn Rechts, Mitte oder Links sich gegenseitig anfeinden bzw. keinen Konsens finden.

    • @GinoKrio:

      Zur ungeschminkten politischen Realität, heute wie gestern:

       

      Selbst in der NSDAP gab es (rechte) Nationale Sozialisten, die auch die Entmachtung und Enteignung deutscher Konzerne und der Monopol-Bourgeoisie wollten, die mit der kapital-faschistischen Ausrichtung der NS-Partei nicht einverstanden waren, und schließlich, durch die kapitalistische NS-Führung und SS, physisch liquidiert (getötet) wurden.

       

      Auch der nationale Befreiungskampf Vietnams wäre ohne die vietnamesischen Nationalisten nicht möglich gewesen. Gleiches gilt für die Mao-Nationalisten Chinas.

       

      Anm.: Diese Hinweise haben nichts mit der heutigen europäischen und deutschen (BND-BfV-) "Querfront" gemeinsam.

      • @Reinhold Schramm:

        Das ist doch jetzt nicht war? Es gab "Selbst in der NSDAP [...] (rechte) Nationalsozialisten" Das ist ja unglaublich!

        • @Arcy Shtoink:

          Sie sind ein Wirrkopf und Fälscher.

          • @Reinhold Schramm:

            wenn du mit dem Finger auf jemanden zeigts, zeigen 3 Finger auf Dich, also, immer ein bischen vorsichtig sein!

  • Politisch "Rechts" ist nicht immer gleich 'faschistisch'!

     

    Der Antifaschist Bruno Baum berichtete aus seinen Erfahrungen als kommunistischer Häftling in Auschwitz:

     

    "Bei den Polen gab es einige besonders starke Gruppen, die sich in Links- und Rechtsgruppen unterteilten. Die Linksgruppen wurden von Josef Cyrankiewicz geführt. {...} Zweifellos besass J. Cyrankiewicz dank seiner Persönlichkeit auch unter den Rechtsgruppen starken Einfluss, so dass meist beide Richtungen zusammenarbeiteten. Die gemeinsame Lagernot und die ständig drohende Vernichtung schufen eben solche Möglichkeiten."

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Rechtsnationalisten in der Funktion als Kriegsminister neigen dazu, Militärdiktaturen errichten zu wollen.

    • @2097 (Profil gelöscht):

      Sie meinen Tsipras hat seinen Koalitionspartner mit Hintergedanken gewählt?

      • 2G
        2097 (Profil gelöscht)
        @Questor:

        Ich befürchte, Tsipras wird wohl eher die erste Kugel treffen, davon hat ja der rechtsnationale Kriegsminister nun genug.

  • das wird in nächster Zeit lustig, der mischt alle in Brüssel auf und Merkel/Schäuble dazu, ist wie im normalen Leben, die Bankrotten sind immer die, die am meisten wollen und andere dämlich dastehen lassen, der Junge gefällt mir! mit Vollgas und kaputten Bremsen auf den Serpentinen nach unten!