Kommentar Rating-Agenturen: Penetrante Eigenwerbung

Die Rating-Agentur Standard & Poor's droht nun auch die EU und europäische Banken herabzustufen. Ratingagenturen gehören nicht zu den Schnellmerkern.

Die Ratingagentur Standard & Poors will dringend in die Schlagzeilen. Erst drohte sie damit, 15 Euroländer abzuwerten. Jetzt kündigte sie an, dass auch das Rating der gesamten Europäischen Union leiden könnte. Außerdem müssten viele europäische Banken damit rechnen, herabgestuft zu werden.

Diese Eigenwerbung der Agentur ist penetrant - aber konsequent. Die Banken haben Milliarden in Staatspapiere der Euroländer investiert: Angesichts dessen wäre es unlogisch, nur die Union kritisch zu beäugen. Allerdings sind die Warnungen von Standard & Poors keineswegs originell. Anderen Institutionen ist längst aufgefallen, wie labil Europas Banken sind. Deswegen führt die Europäische Bankenaufsicht momentan einen Stresstest bei den Instituten durch.

Standard & Poors ist also spät dran, nicht etwa früh. Wieder einmal zeigt sich, dass die Ratingagenturen nicht zu den Schnellmerkern gehören.

Dabei könnten die Probleme vieler Banken kaum größer sein. Sie sitzen nicht nur auf problematischen Staatsanleihen und Hypotheken - auch ihre Refinanzierung stockt. Der Interbankenmarkt ist längst zusammengebrochen, weil jede Bank den anderen Instituten misstraut. Doch jetzt lahmt auch die langfristige Kreditaufnahme. Im nächsten Jahr müssen etwa 800 Milliarden Euro an Bankanleihen umgeschuldet werden - momentan sind dafür keine Käufer in Sicht.

Also wird wieder die Europäische Zentralbank (EZB) einspringen. Ohne ihre milliardenschweren Liquiditätshilfen wären viele Banken schon kollabiert. Die EZB ist längst "lender of last resort", also Kreditgeber der letzten Instanz - allerdings bisher nur für die Banken, nicht für die Staaten.

Das wird nicht so bleiben. Standard & Poors hat sehr deutlich gemacht, womit die angedrohten Herabstufungen vermieden werden können: Die EZB soll unbegrenzt Staatsanleihen aufkaufen. Gerade weil die Ratingagenturen nicht zu den Schnellmerkern gehören, heißt das: So kommts.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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