Kommentar Putsch in Thailand: Zurück in finstere Zeiten
Der neue Staatsstreich wird das Land nicht befrieden, wie die Armee behauptet. Er zeigt, dass die royalistischen Eliten um ihre Pfründe fürchten.
N ein, die Verhängung des Kriegsrechts sei kein Putsch gewesen, hatte Thailands Armee noch am Dienstag beteuert. Doch vielen Kritikern galt jener „De-facto-Coup“ längst als Staatsstreich, durch den das Militär die bisherige Übergangsregierung zur Seite geschoben und die Macht selbst übernommen hatte.
Mit diesem neuen Putsch zementiert das Militär Thailands Weg zurück in finsterste Zeiten feudalistischen Denkens, in welchem eine kleine Oberschicht sich herausnimmt, vor allem den ärmeren Volksmassen vorzuschreiben, wie sie zu denken und zu wählen haben. Die illegitime Machtübernahme ist vor allem Indiz dafür, dass die ultraroyalistischen Eliten des Landes, bestehend aus alteingesessenen Technokraten, Geldadel und Militärs, weder fähig noch willens sind, demokratische Prinzipien und die Mehrheit des Wählerwillens zu akzeptieren.
Wiederholt hatten sich die WählerInnen für die politischen Parteien des bereits 2006 vom Militär gestürzten Premierministers Thaksin Shinawatra entschieden. So fürchteten jene Kreise, welche die monatelangen gewalttätigen Straßenproteste der Opposition unter Suthep Thaugsuban gedeckt hatten, langfristig um Macht und Pfründe.
Dieser neue Putsch wird das Land nicht befrieden, wie die Armee behauptet. Im Gegenteil: Er wird die Spaltung Thailands, die bereits durch den Staatsstreich 2006 verschärft wurde, noch weiter vertiefen. Und ebenso auch den politischen Hass. Kurzzeitig wird dieser Militärputsch den konservativen Eliten in die Hände spielen. Aber langfristig werden das jene zunehmend politischer agierenden Volksmassen, die ihre demokratischen Rechte und Wahlen einfordern, nicht mitmachen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsdrift der Union
Merz auf dem Sprung über die Brandmauer
Grünes Desaster
Der Fall Gelbhaar und die Partei
#MeToo nach Gelbhaar-Affäre
Glaubt den Frauen – immer noch
Christian Drosten
„Je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich“
Neue Prognose für Bundestagswahl
Untenrum offen
Merz’ Anbiederung an die AfD
Das war’s mit der Brandmauer