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Entmündigung
Zitat: „Aber wer glaubt, dass ein Milliardär in New York in Ungarn spontane Massenproteste befehlen kann, der gehört entmündigt.“
Dem ist nicht zu widersprechen, dürfte allerdings auch für das sehr vergleichbare Narrativ gelten, die Massenproteste der französischen Gelbwesten gegen die Folgen der von der Lissabon-EU diktierten protoliberalen Wirtschschafts- und Sozialpolitik Macrons seien von niemand anderem als Putin initiiert und ferngesteuert und antisemitisch konnotiert. Gemessen am Glauben über die Hintermänner dieser nationalen Variante europaweiter sozialer Unruhen müßte man sich folglich auf einen Tsunami gerichtlicher Entmündigungsanordnungen einstellen...
Wo bleibt denn die wehrhafte Demokratie in der EU? Die CDU/CSU geht auf EU Ebene ein Bündnis mit Orbans Partei ein, anstatt eben genau diese Bewegung massiv zu unterstützen. So lassen wir uns von den Wisegard Staaten am Nasenring durch die Manege (EU) ziehen.
@rotaticus53 Also, es heißt "Visegrad" und stimmt es einen nicht irgendwie misstrauisch, dass man die Mängel an "Demokratie" oder "Rechtsstaatlichkeit" immer im Osten verortet? Will nur daran erinnern, dass die einzigen politischen Gefangenen der EU bisher eher im Westen (Spanien) zu finden sind. Interessiert nicht die EK, nicht das EP, überhaupt keinen der Verfechter der "Demokratie und Rechtsstaatlichkeit".
weit & breit kein sankt seehofner der hülfe böte
@Gion Haha, der ist wirklich gut :-)
Mit dem Haftbefehl des Haager Tribunals wird Putin in Demokratien zum Pariah. Ein Frieden wird erst möglich sein, wenn Putin nicht mehr regiert.
Kommentar Proteste in Ungarn: Orbáns Achillesferse
An den Demonstrationen in Ungarn nehmen viele junge Menschen teil. Sie kennen Viktor Orbán als autoritären Machthaber, der sich die Taschen füllt.
Lieber mal die Klappe halten: Demonstrierende in Budapest sind sehr unzufrieden mit Viktor Orbán Foto: Reuters
Ungarns Premier Viktor Orbán wirkt hilflos angesichts der Demonstrationen, die auch die Feiertage und den Jahreswechsel überdauern werden. „Hysterisches Gekreische“ nannte er die Sprechchöre in seinem allwöchentlichen Selbstdarstellungsinterview in Kossuth-Rádió.
Ausgestattet mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament hat er keine andere Erklärung für die Proteste als wieder einmal eine Verschwörung seines Erzfeindes George Soros. Das ist ebenso primitiv wie falsch. Dass Leute von NGOs, die von Orbáns Regierung drangsaliert werden und von der Central European University (CEU), die er aus dem Land geworfen hat, sich den Demos anschließen, darf nicht überraschen. Aber wer glaubt, dass ein Milliardär in New York in Ungarn spontane Massenproteste befehlen kann, der gehört entmündigt.
Vielmehr haben alle Oppositionskräfte im diskussionslos verordneten Arbeitszeitgesetz eine Achillesferse erkannt, die den selbstherrlich regierenden Premier wirklich schmerzen kann. Die Proteste werden von jungen Menschen getrieben, die Orbán nicht als den mutigen Liberalen im Gedächtnis haben, der einst auf dem Heldenplatz Brandreden gegen das kommunistische Regime hielt. Sie kennen ihn als autoritären Caudillo, der sich und seinen Spezis die Taschen füllt.
Anders als die sehr zurückhaltend auftretenden Bürgerlichen, die für Pressefreiheit oder die CEU auf die Straße gingen, hat diese Generation keine Scheu, sich mit Polizisten anzulegen und obszöne Slogans zu singen.
Die Oppositionsparteien, die ihre Wähler frustriert haben, weil sie im vergangenen April die Chance, Orbán durch taktische Bündnisse bei den Parlamentswahlen zu schwächen, nicht nutzten, sehen sich plötzlich im Aufwind. Im Parlament gehen ihre Stimmen unter, doch auf der Straße werden sie gehört. Nicht wenige versprechen sich von der Fortsetzung der Proteste das Ende des Systems Orbán. Dazu wird es kaum kommen. Aber die Selbstherrlichkeit der herrschenden Clique könnte einen Dämpfer abbekommen.
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Kommentar von
Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
Geboren in Wien, 1955, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reist er noch immer regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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