Kommentar Proteste gegen Rheinmetall: Keine Flucht vor der Geschichte
Während sich die Rheinmetall-Aktionäre die Dividenden genehmigen, werden sie vor der Tür an ihre historische Verantwortung erinnert.
E ine geschichtsvergessene politische Geschmacklosigkeit – anders kann man es nicht nennen, dass der deutsche Rüstungshersteller Rheinmetall die Hauptversammlung seiner Aktionäre am 8. Mai abhält, dem Tag der Befreiung vom Faschismus. Während dieses Datum Anlass zur Besinnung auf die historische Verantwortung sein sollte, verteilen die Shareholder ihre Dividenden aus dem Bilanzgewinn einer Waffenschmiede, deren Produkte auf aller Welt Menschen töten. Mit Freude vermeldet das Unternehmen, dass sich die Auftragseingänge in der Sparte Defence im ersten Quartal 2018 mehr als verdoppelt haben.
Die Proteste einer Handvoll AktivistInnen in Berlin nehmen sich gegen die gigantische Maschinerie der Rüstungsindustrie fast ein wenig hilflos aus, sinnlos aber sind sie keineswegs. Sie machen deutlich, dass die sonst als selbstverständlich wahrgenommene Verteilung der Profite aus dem Waffenhandel nicht völlig unwidersprochen bleiben darf.
Ganz richtig ziehen die Protestierenden die Verbindungslinie von den kurdischen Toten in Afrin und den Bombenopfern in Jemen zu den Rheinmetall-Aktionären im Hotel Maritim. Genauso richtig weisen sie auf die historische Schuld des Unternehmens hin, das während des Zweiten Weltkriegs riesige Gewinne mit dem Einsatz von ZwangsarbeiterInnen erwirtschaftete.
Dass dieses ganze Lehrstück deutscher Flucht vor der Geschichte an einem 8. Mai direkt neben der Gedenkstätte Deutscher Widerstand am Bendlerblock aufgeführt wird, komplettiert das Bild. Darauf zu sehen ist eine Gesellschaft, die sich fragen muss, ob die Erinnerung an Krieg und Verbrechen ein leeres Ritual ist, gut für Sonntagsreden und den Ruf in der Welt. Oder ob diese Erinnerung Mahnung und Aufforderung sein soll, alles Menschenmögliche zu tun, dass Derartiges nie wieder mit deutschen Waffen und deutschem Geld möglich ist.
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