Kommentar Präsident Kolumbien: Ein großes kleineres Übel
Die Linken haben den Konservativen Santos unterstützt – damit der Friedensprozess mit der Guerilla eine Chance erhält. Sicher ist dieser aber nicht.
L inke haben in Kolumbien mit dafür gesorgt, dass der konservative Unternehmerfreund Juan Manuel Santos am Sonntag als Präsident wiedergewählt worden ist. Und tatsächlich kann man nur aufatmen, dass Santos weitermachen darf und nicht sein Gegenspieler von Rechtsaußen, Oscar Iván Zuluaga. Mit Santos‘ Wiederwahl hat der vor eineinhalb Jahren begonnene Friedensprozess zwischen Regierung und FARC-Guerilla immerhin eine Chance.
Nur: Santos‘ Wiederwahl bedeutet noch längst keine Garantie dafür, dass es mit diesem Frieden auch etwas wird. Die Chancen stehen gut, dass die Delegationen in Havanna bald alle Punkte durchverhandelt haben. Dann aber muss immer noch eine Mehrheit der KolumbianerInnen in einem Referendum das Dokument bestätigen. Die 45 Prozent Stimmen für den erklärten Friedensgegner Zuluaga am Sonntag zeigen, dass das kein Selbstläufer ist.
Vor allem aber: Die politische Rechte, die von Opferentschädigung, Landreform und politischer Partizipation der Guerilla nichts wissen will, verfügt über die ökonomische Macht, und mit den umstrukturierten Paramilitärs auch die militärischen Mittel, selbst einen auf dem Papier besiegelten Friedensprozess ad absurdum zu führen. Die bisherigen Erfahrungen mit guten Ansätzen, etwa den Gesetzen zur Opferentschädigung und Landrückgabe, sind ernüchternd.
Präsident Santos will als derjenige in die Geschichtsbücher eingehen, dem es gelungen ist, den Jahrzehnte alten bewaffneten Konflikt zu beenden – am ökonomischen Modell der immer effizienteren Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zu Lasten der ärmeren Bevölkerung aber will er nichts ändern. Kolumbien braucht den Frieden auch deshalb, damit Linke nicht mehr gezwungen sind, jemanden wie Santos zu unterstützen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!