Kommentar Poststreik: Die Bürde der Boten
Verdi nutzt seine Streikmacht, doch es bleibt ein reiner Abwehrkampf. Entscheidend wäre, den Druck auf die Post-Konkurrenz zu erhöhen.
E s ist so einfach, und es ist zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich: Ein paar Klicks am heimischen oder mobilen Rechner – und schon kommen, sofern das nötige Geld verfügbar ist, die bestellten Waren per Paket nach Hause.
Während aber immer mehr Konsumenten zumindest bei einigen Produkten wie Lebensmitteln und Kleidung fragen, zu welchen Bedingungen sie hergestellt werden, so sind ihnen Versand und Auslieferung herzlich egal. Hauptsache schnell.
Insofern ist der Streik bei der Post zu begrüßen, zeigt er doch: Es sind Menschen, die Pakete und Briefe tagtäglich ausliefern. Und: Sie wollen anständig bezahlt werden, weil sie und ihre Familien ein gutes Leben führen wollen.
Das ist in der boomenden und weitgehend deregulierten Branche häufig nicht der Fall: Niedrige Löhne, lange Arbeitszeiten, Befristungen, Scheinselbständigkeiten prägen das Bild. Den Beschäftigten bei der Post geht es dabei noch vergleichsweise gut – aber sie spüren wachsenden Druck. Um hochprofitabel zu sein, will das Unternehmen, an dem der Bund beteiligt ist, die Löhne für Paketzusteller deutlich senken – durch Auslagerungen.
Dass dies die Gewerkschaft Verdi nicht einfach hinnehmen kann, ist verständlich. Sie nutzt ihre Streikmacht im Briefdienst, um beim Paketdienst Leitplanken zu setzen. Dennoch bleibt es ein reiner Abwehrkampf; Verbesserungen sind angesichts der Billigkonkurrenz kaum durchzusetzen. Das wäre entscheidend: Wenn Verdi bei den Post-Konkurrenten und im Versandhandel das Lohndumping beendete, wäre auch der Druck auf die Post-Beschäftigten nicht so groß.
Mag sein, dass die Paketzustellung dadurch ein paar Cent teurer würde. Aber das wäre zumutbar: Wer sich Technik und Infrastruktur für die Internet-Bestellerei leistet, darf auch mal an die Bürde der Boten denken.
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