Kommentar Pkw-Maut-Start: Murksminister braucht Erfolg
Bahn, Mobilnetze, Flüge – Verkehrsminister Scheuer patzt auf allen Ebenen. Nun braucht er einen Erfolg und prescht mit der Pkw-Maut vor.
B undesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) prescht mit einem Starttermin für die umstrittene Autobahnmaut für ausländische Pkws in Deutschland vor. Sie soll im Oktober 2020 kommen, kündigt er an. Das zeigt eine frappierende Ignoranz gegenüber richterlichen Urteilen. Denn immerhin muss der Europäische Gerichtshof entscheiden, ob es rechtlich zulässig ist, ausländische AutofahrerInnen zur Kasse zu bitten und inländische nicht. Es spricht einiges dafür, dass die RichterInnen das für Diskriminierung halten. Und Diskriminierung ist in der EU glücklicherweise verboten.
Das weiß auch Scheuer. Aber er braucht kurz vor der Klausurtagung der CSU im Kloster Seeon eine Erfolgsmeldung, will er vor seinen ParteifreundInnen nicht als abkömmlicher Murksminister dastehen. Der Ressortchef für Verkehr und digitale Infrastruktur verwaltet Miseren, ohne auch nur ansatzweise eine Lösung für eine von ihnen zu haben: Der Luftraum ist dicht, Flugausfälle sind in Deutschland ein Massenphänomen. Die Bahn ächzt vor sich hin, auch hier: ständige Ausfälle, überfüllte Waggons, Verspätungen, sich ausbreitende Servicewüsten. Auf den Autobahnen reiht sich Stau an Stau, Straßen und Brücken sind marode, das Dieseldesaster geht endlos weiter. Beim Ausbau der digitalen Infrastruktur hängt Deutschland etlichen Entwicklungsländern hinterher.
Besserung? Fehlanzeige. Der Minister murkst auf allen Baustellen herum. Seine Initiativen wirken so müde und altbacken, als wäre er schon zwei Jahrzehnte und nicht erst knappe zehn Monate im Amt. Er rollt der Autolobby den roten Teppich aus, beruft für Bahn und Flugverkehr Krisengipfel ein, bei denen nichts herauskommt. Die von ihm verfochtene Maut für AusländerInnen löst die Probleme im Straßenverkehr nicht, weil sie falsch angelegt ist.
Dabei ist eine Maut durchaus ein gutes Instrument gegen den Verkehrskollaps. Aber dann muss sie für alle gelten, und vor allem dürfte sie keine Flatrate sein, sondern müsste die gefahrenen Kilometer bepreisen. Doch so etwas mag die Autolobby nicht – und der Verkehrsminister schon deshalb ebenfalls nicht.
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