Kommentar Piraten und Transparenz: Volle Havarie voraus
Die Forderung nach politischer Transparenz ist ein Markenkern der Piraten. Doch mit dem aktuellen Gutachten-Skandal manövrieren sie sich ins Abseits.
E s ist erstaunlich, was die Piraten alles anstellen, um bei der kommenden Bundestagswahl nicht gewählt zu werden. Vor noch nicht allzu langer Zeit Hoffnungsträger für Politfrustrierte, manövriert sich die junge Partei immer weiter ins Abseits. Die jüngste bekannt gewordene Kapriole: Im Vorfeld der Listenaufstellung für die Bundestagswahl hat der nordrhein-westfälische Landesvorstand ein von ihm selbst in Auftrag gegebenes juristisches Gutachten unter Verschluss gehalten, weil ihm das Ergebnis nicht passte.
Wenn es irgendeinen „Markenkern“ der Piraten gibt, dann ist es die Forderung nach politischer Transparenz. In NRW haben sie gerade erst eine Kampagne für „ein echtes Transparenzgesetz“ gestartet: „Ich will’s wissen!“ Ein schönes Motto. Noch schöner wäre es, wenn die Partei mit gutem Beispiel vorangehen würde.
Stattdessen herrscht bei den Piraten ein unerfreulicher Mix aus politischer Unbedarftheit und persönlicher Skrupellosigkeit: Offenkundig wollte so manch NRW-Landesvorständler das kritische Gutachten auch deshalb zurückhalten, um die eigenen Chancen auf einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste nicht zu gefährden.
Bei den Piraten firmiert die neueste Peinlichkeit unter „Gutachtengate“. Auch wenn es seit dem großen Watergate-Skandal in den USA modern geworden ist, allen möglichen Affären und Affärchen das Suffix „gate“ anzuhängen: Wie in so vielen, so ist es in diesem Fall schlicht deplatziert. Mit Watergate kann dieser Schwank aus dem Dilettantenstadl nicht gleichgesetzt werden.
Erschüttert wird nur ein weiteres Mal die Hoffnung, die Piraten könnten eine ernsthafte Alternative zum etablierten Politikbetrieb darstellen. Den aktuellen Umfragen zufolge, glaubt daran allerdings ohnehin kaum einer mehr.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau