Kommentar Pilotenstreik: Bitte differenzieren!
Die Piloten der Lufthansa haben es schwer, Verständnis für ihre Streikziele zu bekommen. Dabei nützt ihr Kampf den Rechten aller Beschäftigen.
R eisende werden in diesen Tagen auf eine harte Probe gestellt: Erst wurden die Flughäfen von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bestreikt, jetzt von Lufthansa-Piloten. Die dürften es deutlicher schwerer haben, Verständnis zu mobilisieren. Denn bei rund 124.000 Euro vorgezogener jährlicher Betriebsrente, die ein ehemaliger Pilot bisher bekommen konnte, wird sich mancher ärgern, dass er für solch üppige Zahlungen mit dem eigenen Urlaub in Haftung genommen wird.
Das ist verständlich. Aber es ist trotzdem nicht so einfach. Wir Urlauber wollen auf der anderen Seite auch nicht von altersschwachen Flugkapitänen um die Welt befördert werden. Oft ergibt es Sinn, dass Piloten früher als andere aus dem Beruf ausscheiden. In solchen Fällen muss für eine Rente gesorgt sein – und die Piloten verteidigen, dass diese nicht einseitig zu ihren Lasten gekürzt wird. Das ist ihr gutes Recht, auch wenn es schwer fallen mag, damit überschwänglich zu sympathisieren.
So wird der Konflikt gern dafür genutzt, allgemein eine Einschränkung des Streikrechts zu fordern. Und das, obwohl die Flugkapitäne den Mutterkonzern Lufthansa in den letzten 13 Jahren gerade dreimal bestreikt haben. Aber im Fall der Piloten kann der Zorn der niedriger Entlohnten aufwallen.
So geht unter, dass es bei der Forderung darum geht, Grundrechte für alle zu schleifen. Das würde auch das Sicherheitspersonal an Flughäfen treffen, das vor Kurzem dank Streiks seine Stundenlöhne auf bis zu 14 Euro brutto hochtreiben konnte – kein besonders üppiger Verdienst.
Weniger Hysterie und mehr Differenzierung ist angebracht – und ein Gedanke daran, dass Streiks erst zunehmen, seit die Lufthansa oder die Flugsicherung privatisiert wurden – schlechtere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte inklusive.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!