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Kommentar Petrys RückzugsmanöverNicht zu früh freuen

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Frauke Petry will nicht für die AfD-Spitze kandidieren. Ihr Rückzug bedeutet aber nicht, dass die Partei alle Verbindungen zum Bürgerlichen kappt.

Frank Plasberg und Anne Will werden sie vermissen: Frauke Petry war so talkshowtauglich Foto: dpa

D ie AfD befindet sich seit Längerem im Krisenmodus. Sie ist innerlich zerstritten, ihr Führungspersonal ist nach bürgerlichen Maßstäben teils schlicht unseriös. Und sie ist unfähig, sich vom Rechtsextremismus abzugrenzen. Als sich die Sporthallen hierzulande mit Flüchtlingen füllten, schien ihr Aufstieg gleichwohl unabwendbar.

Doch das ist vorbei. Auch wegen Donald Trump und Martin Schulz ist der Erfolg der AfD kein Selbstläufer mehr. Es ist naheliegend, Frauke ­Petrys Verzicht auf eine Spitzenkandidatur nun für das Schwungrad zu halten, das diesen Abstieg erst richtig in Fahrt bringt. Petry ist ja das bekannteste Gesicht der Rechtspopulisten, eine Schnelldenkerin, die habituell Modernität und Bürgerlichkeit verkörpert, fern von Höckes dampfender Bierzelt­rhetorik. Ist das also der Anfang vom Ende der AfD?

Es ist etwas komplizierter. Dieser Rückzug bedeutet nicht, dass die AfD alle Verbindungen zum Bürgerlichen kappt. Petry ist eher eine politische Hasadeurin, die sich auf das Jonglieren mit Images versteht. Die Selbst­inszenierung als Realpolitikerin, die gegen Fundi-Betonköpfe im eigenen Lager kämpft, ist eine Mogelei. Denn in Petrys Realpolitikvorstellungen zieht die AfD im Herbst in den Bundestag ein und stellt 2021 den Kanzler, oder: die Kanzlerin. Das ist Polithalluzination, die an Irrwitz grenzt.

Die Rechtspopulisten verlieren ihre am besten für Talkshows geeignete Figur. Genauer: Sie tritt in die zweite Reihe zurück – erst mal. Es ist ein Rückzug, kein Abschied. Auf der Habenseite steht für die AfD, dass ein zermürbender Machtkampf abgewendet scheint. Falls das neue Spitzenduo aus Alice Weidel und Alexander Gauland bestehen sollte, könnte das durchaus effektiv sein – eine neoliberale Lesbe und ein grantelnder Reaktionär.

Für die AfD ist Petrys Rückzieher insofern nicht unbedingt eine schlechte Nachricht. Ihr Grundproblem, Egozentriker an der Spitze, eine offene Flanke zum Rechtsradikalismus, bleibt.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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18 Kommentare

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  • Ich denke, Sie wissen nicht so recht, wer oder was der Antichrist ist ?

    • @Nikolai Nikitin:

      Also ich halte von Religion(en) ja nichts. Bin ich jetzt der Antichrist?

      • @Spitzbube:

        Nein, nein, Hitler, Stalin, Ulbricht und Honecker hielten von Religion ebenfalls nichts und waren auch nicht der Antichrist.

      • @Spitzbube:

        Sicherlich nicht. Da gehört schon deutlich mehr dazu, als nur areligiös oder atheistisch zu sein.

    • @Nikolai Nikitin:

      ( Antwort an NEINJETZTNICHT )

      • @Nikolai Nikitin:

        Sorry, hab Sie nur wortwörtlich genommen. :D

        Aber ja, ich habs nicht so mit Religion. Trotzdem, wenn ich die Kurzdefinition von wikipedia richtig verstehe, ist das quasi der Gegenpart zur christlichen Lehre. Eine Person der Apokalypse... find ich erstmal ganz witzig... wenn mensch an solchen Unsinn glaubt.

        Aber vielleicht ist das ja auch falsch, dann lasse ich mich gerne belehren.

  • „Eine Schnelldenkerin, die habituell Modernität und Bürgerlichkeit verkörpert“

     

    Sicher - so wie der multitalentierte A. Hitler Intellektualität und habituelle Mobilität verkörperte.

    • @Rainer B.:

      Muß man denn gleich den "Führer" ranziehen? Meiner Kenntnis nach hat Frau Petry - zumindest bisher - noch keinen Weltkrieg vom Zaun gebrochen oder Millionen Menschen umbringen lassen!

      • @Spitzbube:

        Aber nicht doch. Es ist doch so einfach und bequem, mit der Nazikeule drauf zu hauen.

        • @Nikolai Nikitin:

          Bei der Ausrichtung und dem Personal in der AfD - eindeutig Ja.

      • @Spitzbube:

        Meiner Kenntnis nach hat der weltbekannte Hundeführer damit auch erst einige Zeit nach seiner Machtergreifung begonnen. Wer seinen Aufstieg aufmerksam verfolgt hatte, der wusste allerdings auch schon vorher sehr genau, worauf es hinausläuft.

         

        Der Litograph A. Paul Weber hat insbesondere mit seinem Bild „Deutsches Verhängnis“, das 1931/1932 entstand, davon Zeugnis abgelegt

        http://www.weber-museum.de/werk/widerstand/

    • @Rainer B.:

      Geht es vielleicht noch ein wenig heftiger ? Ist sie nicht vielleicht gar die Verkörperung des Antichristen ?

      • @Nikolai Nikitin:

        Religion mögen andere hier ins Spiel bringen wollen, ich jedenfalls nicht.

      • @Nikolai Nikitin:

        Naja, als Antichristin müsste mensch ihr ja Respekt zollen. Also eher... nein.

    • @Rainer B.:

      Auch optisch durchaus anpassungsfähig. Haben Sie der Petry in Gedanken schonmal die seitlichen Haare etwas gekürzt und nen Bart gemalt? Da geht was... :D

      • @Neinjetztnicht:

        Oft stellt sich ja die Frage, ob das Herrchen mehr dem Hund, oder der Hund mehr dem Herrchen ähnlich sieht.

      • @Neinjetztnicht:

        Verdammt nochmal, Du hast recht.

        • @Kurzer Prozess:

          Cool, oder? Er, sie, es ist wieder da...