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Kommentar Parlamentswahl SpanienPodemos kann nur noch gewinnen

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Mit Podemos ist die Empörung im Parlament angekommen. Ihre Forderung nach einem sozialen Wandel wird nun die Politik diktieren.

Hat nach 30 Jahren das Zweiparteiensystem beendet: Podemos-Chef Pablo Iglesias. Foto: ap

Sie vertreten uns nicht“, schrien die Empörten vor vier Jahren und ernteten von den beiden großen spanischen Parteien ein müdes Lächeln. Wer das System verändern wolle, müsse nur eine Partei gründen, wurde ihnen mit zynischem Ton empfohlen. Gesagt getan. Mit Podemos (“Wir können“) ist die Welle der Empörung jetzt im Parlament angekommen. In einem Szenario, in dem stabiles Regieren so gut wie unmöglich ist, wird die erst vor knapp zwei Jahre entstandene Antiausteritätspartei die Mitte des Spielfeldes belegen, wie sie das nennen.

Harte Angriffe, Umfragen, die alles andere als die Realität widerspiegelten, die Erfindung einer rechten Podemos zu der die rechtsliberalen Ciudadanos hochgeschrieben wurden, die Strategie ging nicht auf. Das Ergebnis spricht deutliche Worte. Das Zweiparteiensystem, das 30 Jahre eine Vielfalt vortäuschte, die in der realen Politik nicht existierte, ist Geschichte.

Podemos wird die Themen der kommenden Legislatur diktieren, daran besteht kein Zweifel. Soziale Forderungen, das Ende der Austerität, der Ruf nach Änderung des ungerechten Wahlsystems, die Frage eines multinationalen Spaniens, stehen jetzt auf der Tagesordnung. Wer dies nicht sehen will, wird bei kommenden Wahlen, egal ob in vier Jahren oder gar schon früher weitere Stimmen verlieren.

Ministerpräsident Rajoy will erneut eine Regierung bilden und hat dafür keine Mehrheit. Die PSOE meldet ebenfalls Begehrlichkeiten an. Die Sozialisten seien gerufen, den Wandel anzuführen, verkündeten verschiedene sozialistische Parteisprecher in der Wahlnacht, als wäre dies einzig und alleine eine Frage der Zahlen, eine Frage dessen, ob man knapp vor Podemos liegt oder nicht.

Es braucht einen Kurswechsel

Um Terrain zurückzugewinnen genügt es nicht, Parolen und den Stil von Podemos zu kopieren. Es braucht einen Kurswechsel um 180 Grad. Doch Spaniens Sozialisten haben längst – wie ihre Schwesterparteien im Großteil der EU auch – aufgehört eine linke, fortschrittliche Politik zu vertreten, die sich an den Bedürfnissen der Menschen statt an denen der Märkte orientiert.

Es gibt genau einen einfachen Ausweg aus der Unregierbarkeit: die Große Koalition. Der Druck der spanischen Wirtschaft, der Druck ihrer Altvorderen, wie dem ehemaligen Regierungschef Felipe Gonzalez, und der Druck aus Brüssel und Berlin, um die PSOE zu einem solchen Bündnis zu bewegen, wird stark sein. Geben Spaniens Sozialisten dem nach, ist das ihr endgültiges Aus und der endgültige Durchbruch für Podemos.

Der einzige, der sich gelassen in seinem Sitz im neuen Parlament zurücklehnen kann, ist Podemoschef Pablo Iglesias. Die Zeit – und die Fehler der anderen – werden für ihn arbeiten.

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Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
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6 Kommentare

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  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Podemos, Syriza, Portugal - alle Bewegungen der Erneuerung des sozialdemokratischen Gedanken im Süden sind zum Scheitern verurteilt, solange im Norden Merkel, Gabriel, Cameron oder Dijsselbloem das Sagen haben. Labour (ohne "New") und Frankreich werden Europas Richtung entscheiden.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Wäre alles etwas leichter zu verkraften, wenn da nicht unser Obersozialdemokrat Gabriel nicht seine unrühmlichen Nebenrollen als Vizekanzler, Wirtschafts-und Energieminister, sowie den Appendix der Koalitionspartnerin spielte.

  • Wirklichkeitsfern...

     

    Wenn Podemos in die Lage kommt, wirklich etwas verändern zu können, wird die EU unter Deutscher Führung das Land wirtsdchaftlich strangulieren. Ganz nach greichischem Vorbild.

    Geht das nicht, oder hilft das nicht, tut's auch ein Putsch, unterstützt von der Adenauer Stiftung, Nato (via spanischem Militär) und selbstverständlich auch der CIA.

     

    Aber vermutlich geht das auch subtiler, wofür gibt es sonst die europäischen Geheimdienste. Alle Podemos-Spitzenleute haben mit Sicherheit schon Dossiers, die auch die letzte Jugendsünde umfassen... Vermutlich wird's reichen, um sie geschmeidig zu machen.

  • Die Worte les' ich wohl - und sie tun meiner Seele gut, weil ich 2005, nach fast 30-jähriger Mitgliedschaft aus der Schwesterpartei der PSOE ausgeschieden bin, da die SPD aufgehört hatte, eine linke, fortschrittliche Politik zu entwickeln und zu vertreten und sie sich in ihrem Politikangebot nicht an den Bedürfnissen der betroffenen Menschen, sondern an den angeblichen und vermeintlichen Erfordernissen der anonymen (Wirtschafts-) Märkten orientierte und ausrichtete -, nur allein mir fehlt der Glaube.

     

    Ich fürchte eher, dass die Machteliten in Staat und Gesellschaft innerhalb der EU und der EU-Länder ihre subtilen, fiesen, aber wirksamen Instrumente auspacken, eine von PODEMOS unterstützte Politik - mindestens medial - "gegen die Wand laufen lassen" und für einen Regierungswechsel sorgen werden.

     

    Das ist kulturpessimistisch, ja ganz sicher, aber leider auch "getränkt und genährt" von Lebenserfahrung (siehe bspw. den Umgang mit dem ehem. Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine und den Umgang mit Tsipras, Syrien und dem griechischen Volk).

    • @Der Allgäuer:

      Unterschrieben. :(

    • @Der Allgäuer:

      Im letzten Satz meines Kommentars heisst es natürlich nicht "... und den Umgang mit Tsipras, Syrien und dem griechischen Volk", sondern es muss heissen "... und den Umgang mit Tsipras, Syriza und dem griechischen Volk".