Kommentar Opel in Bochum: Arbeitslose kaufen keine Neuwagen
In Europa gibt es weniger Autokäufer – ein Umstand der auch andere Autobauer bedroht. Opels Niedergang liegt aber vor allem an Managementfehlern.
D er Niedergang des Autobauers Opel basiert zunächst auf einer langen Kette von Managementfehlern. Zuerst brach nach massiver Lohn- und Stückkostendrückerei bei Beschäftigten und Zulieferern die Qualität ein. Dann mangelte es dem Hersteller schlicht an begehrten Modellen. Nur mit dem ökologisch fragwürdigen, beim Publikum aber beliebten Geländewagen Frontera hatte Opel bis 2003 die Nase vorn. Danach flog der Wagen aus dem Programm – über Jahre ersatzlos.
Zudem aber ist der Autobauer ein Opfer der globalen Strategie seiner eigenen US-Konzernmutter General Motors (GM): Zwar scheint die Fahrzeugqualität mittlerweile wieder zu stimmen, zwar hat Opel mit dem Mini-SUV Mokka wieder einen Renner im Programm, auf den Käufer ein halbes Jahr warten müssen – produziert wird der Wagen aber in Südkorea.
Den europäischen Opel-Werken jedoch fehlen aufgrund des Verbots der Detroiter GM-Zentrale, Autos in nennenswerter Zahl auch außerhalb Europas verkaufen zu dürfen, wichtige Märkte wie China. Dort setzt GM auf andere Konzernmarken wie etwa Chevrolet. Doch neue Märkte wären bitter nötig, um der Absatzkatastrophe vor allem in Südeuropa zu trotzen: In Frankreich ist der Autoverkauf im September um fast 18, in Italien um mehr als 25 und in Spanien sogar um dramatische 36 Prozent eingebrochen.
Andreas Wyputta ist Nordrhein-Westfalen-Korrespondent der taz.
Bedrohlich ist das nicht nur für Opel, wo der Absatz um über 16 Prozent abstürzte, sondern für alle Massenhersteller preiswerter Klein- und Mittelklassewagen: Renault verkaufte fast 30 Prozent weniger Autos, Fiat fast 20, Peugeot/Citroen fast zehn Prozent. Ford ist schon einen Schritt weiter: Dort ist die Schließung von drei Werken mit über 5.000 Beschäftigten in Belgien und Großbritannien bereits beschlossene Sache.
Die ersten Krisenopfer
Grund für die Krise der europäischen Autoindustrie insgesamt ist die Austeritätspolitik, mit der die deutsche Bundesregierung die Krisenstaaten Südeuropas nach der Finanz- und Schuldenkrise auf Kurs bringen will. Denn die stützt zwar die Vermögen der Besitzenden, stürzt aber Millionen ArbeitnehmerInnen in Armut: Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen kaufen keine Neuwagen. Die Bochumer Opel-FacharbeiterInnen sind damit die ersten wirklichen Opfer der Eurokrise in Deutschland.
Den Beschäftigten in der Bundesrepublik, die wie von der Bundesregierung gewünscht glaubten, die Folgen der europäischen Austeritätspolitik bekämen nur andere zu spüren, sollte das eine Warnung sein. Opel ist nicht allein: Schon heute melden immer mehr Firmen wie der Autozulieferer Bosch oder der Stahlhersteller ThyssenKrupp Kurzarbeit an. Europas Wirtschaftskrise kommt in der Bundesrepublik an.
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