piwik no script img

Kommentar Österreichs TruppenabzugAll Austria!

Ambros Waibel
Kommentar von Ambros Waibel

Im österreichischen Wahlkampf mag man sich nicht mit gefährdeten Soldaten auf den Golanhöhen belasten. Derartige Charakterlosigkeit passt gut nach Europa.

Sie sorgen für Österreichs Sicherheit: Bundesheer-Soldaten bekämpfen die Wassermassen der Melk. Bild: reuters

W enn man in Wahlkampfzeiten durch Österreich fährt, kann man durchaus den Eindruck gewinnen, das Land der Berge befinde sich in einem dauernden Kriegszustand. Die Plakate der Parteien übertrumpfen sich mit Warnungen vor und harten Maßnahmen gegen (in dieser Reihenfolge): Ausländer, kriminelle Ausländer, den Sozialstaat ausnehmende Ausländer.

Der Österreicher hat es gern einheitlich, all die Sinowatze, Prohaskas und Kreiskys bleiben am liebsten unter sich – und wenn es ungemütlich wird, zieht er sich wie eine empfindliche Schnecke in seine Alpenfestung zurück.

Am 29. September wählen die Österreicher also einen neuen Nationalrat. Da will man sich in der üblichen Themenwahl nicht stören lassen. Wo käme man hin, wenn man statt über räuberische „Tschuschen“ über das Für und Wider des Einsatz der österreichischen Blauhelmsoldaten in der UN-Pufferzone auf den Golanhöhen reden müsste – oder sogar über mögliche Opfer?

Bild: Alfred Janetzko
Ambros Waibel

ist Meinungs- und tazzwei-Redakteur.

Nein, nun da die 39 Jahre ruhigst verlaufene „Sunshine-Mission“ sich in eine verwandelt, die tatsächlich den Einsatz von Soldaten nötig machte, werden die Truppen abberufen. Das mag man feige finden – politisch: Denn dass Soldaten sich freuen, wenn sie aus einem hochriskanten Einsatz im Kreuzfeuer der syrischen Aufständischen und der Assad-Truppen abberufen werden, kann ihnen niemand vorwerfen.

Der Österreicher sagte einst der Diplomat Erwin Brix, vereinige idealtypisch die Charaktereigenschaften aller Europäer in sich – und dazu seine eigene Charakterlosigkeit. Im Syrien-Konflikt zeigt sich nun eben diese als Haupteigenschaft der handlungsunfähigen Europäer: Inzwischen sind wir alle Österreicher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • F
    flipper

    Herr Waibel,

    schämen Sie sich für diesen rassistischen Kommentar! Allenfals als Glosse könnte der Artikel vielleicht noch durchgehen, ich glaube aber nicht, dass er so gemeint ist.

     

    Und was die "Ungefährlichkeit" der UN-Friedensmission in Israel angeht, strengen Sie vielleicht mal Ihr Gedächtnis an: Im Libanonkrieg sprengte die israelische Armee eine UN-Stellung in die Luft, mehrere Soldaten wurden getötet (alle die dort waren) nachdem sie vorher per Funk um ihr Leben gebettelt hatten. Ich weiß nicht, ob Österreicher darunter waren, aber das ist auch nicht wichtig.

    Und jetzt wollen Sie erwarten, dass die sich da in einem Bürgerkrieg als Zielscheiben hinstellen? - Kämpfen dürfen Blauhelmsoldaten nämlich gar nicht, falls Ihnen das entgangen sein sollte.

  • JR
    Jürgen Rolker

    Von wegen ungefährlich! Bei einem Besuch der Golan-Höhen 1994 fanden wir an einer abegelegenen Stelle mehrere Kreuze mit deutschklingenden Namen.Unser israelischer Reiseleiter erklärte uns, daß es sich um österreichische UN-Soldaten handelte, die "bei Zwischenfällen" getötet wurden.

  • D
    Dinis

    Man schuettele ein paar Klischees durcheinander, fuege noch ein paar unhaltbare Behauptungen zusammen, und schon hat man einen Kommentar fuer die Bild geschrieben.

  • FB
    Florian Besser

    Dass "die Parteien" sich einen Anti-Ausländer-Wahlkampf liefern würden, ist wohl aus der taz von 1999 abgeschrieben. Selbst die angeschlagene FPÖ schimpft lieber über "die EU" als über "die Ausländer". Seit Erfindung des Internets würde auch ein kurzer Blick auf die Websites von ORF, Standard, Presse, Krone, Profil, etc. reichen, um zu erfahren was in Wien diskutiert wird. Ob Boulevard oder seriös, Tages- oder Wochenzeitung: ALLE beschäftigen sich intensiv mit dem Truppenabzug vom Golan. Mitunter gibt es auch ähnliche Durchhalteparolen wie von Herrn Waibel (Profil: "Schissbefehl").

     

    Pressemitteilungen ("Aussendungen") der Parteien finden Sie im APA-OTS: http://www.ots.at/topthema/golan-abzug-osterreichs-sicherheit-in-der-grenzregion-zwischen-israel-und-syrien-nicht-mehr-gewahrleistet.

     

    Und falls Sie noch einen Wien-Korrespondenten suchen, melden Sie sich bitte bei mir.

  • M
    Mecki_Igel

    Der Abzug erfolgt wegen des Aufhebens des EU-Waffenembargos (auf Betreiben Frankreichs und des UK). Österreich hier den schwarzen Peter zuzuschieben ist eine Frechheit.

     

    Wenn dann tatsächlich Waffen geliefert werden, wird die eine oder andere Gruppierung die Österreicher als mitverantwortlich ansehen und sie zu legitimen Zielen erklären.

    So einer Gefahr kann sich eine reine Beobachtermission ohne irgendwelche schweren Waffen und dürftigem Personal nicht aussetzen.

     

    Dass kein österreichischer Politiker es gerne verantworten würde, wenn österr. Soldaten als Geiseln genommen werden, finde ich verständlich.

     

    Punkto "Charakterlosigkeit":

    Österreich hat diese UNO-Mission 40! Jahre lang erfüllt, 20 Österreicher haben während dieses Einsatzs für den Frieden ihr Leben gelassen.

    Übrigens ist der Golan nur eine der zahlreichen UNO-Missionen, für die Österreich Soldaten zur Verfügung gestellt hat.

     

    So viel Charakter kann man anderen Ländern nur wünschen.

  • SG
    Schmidt Georg

    ein deutscher Soldat ist tot-in AFG-er fuhr auf keine Sprengfalle-wurde nicht hinterrücks gemeuchelt-man fand ihn, schwerverletzt und er starb-niemand nahm Notiz von ihm-in der Freitag Taz-Printausgabe auf Seite 3 oder 4 ein kleiner Dreizeiler-ja Helden sterben im Kampf mit dem Feind, nicht wenn sie den Kampf mit sich und gegen sich verlieren!

  • D
    D.J.

    Herr Waibel, nichts gegen Arroganz, aber die muss man sich intellektuell leisten können! Inhaltlich ist meinen Vorkommentatoren nichts hinzuzufügen. Und da Sie die "Kreiskys" ansprechen: Österreich hatte schon einen jüdischen (oder meinetwegen jüdischstämmigen, er war ja Agnostiker) Bundeskanzler, als hierzulande Auschwitzüberlebende um ihr Leben fürchten mussten (nicht zuletzt vor RAF-Freunden).

  • SG
    Schmidt Georg

    ja, sie hatten keinen Auftrag, die UN Truppen, im Kongo wird vor den Füssen, praktisch, eines UN Offiziers eine Frau erschlagen, sorry, kein Mandat, im Kosov stiess ein serbischer General mit dem holländischen Offizier it einem Gläschen Sekt an, danach lässt der General 8.000 Menschen massakieren-auch kein Mandat, einfach mal lesen, was die UN Truppen am Golan gemacht haben, zufälligerweise war ich des öfteren in der Gegend, also wenn das was geknallt hat, dann eine Autotür!

    http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/1415725/GolanEinsatz_39-Jahre-zwischen-den-Fronten

  • R
    Rofit

    Politisch charakterlos ist es, zu ignorieren, dass die österreichische Bevölkerung diese Auslandseinsätze nicht will. Gott sei Dank gibt es Wahlen ! So müssen die Politiker auf die Bevölkerung Rücksicht nehmen. Leute, die gern Krieg spielen auf Kosten Anderer haben dann ausgefurzt.

  • S
    Österreichfan

    Herr Waibel, der Held vor dem Rechner kann sich ja gerne eine Knarre schnappen - aber, er ist sicher ungedient und "Kriegsdienst" brrr..ggrrrr - das sollen doch lieber die "dummen Proleten" machen, über das TAZ-Establishment derbe ablacht. Mal abgesehen, dass gerade die TAZ jene Milieus hochschreibt oder entschuldigt, die Militärfahrzeuge für "die gut Sache" ankokeln. Alles dummdreist und ungeheuer selbstzufrieden.

  • T
    Thomas

    Österreich hat angekündigt, sich aus dem Golan zurückzuziehen, wenn die EU es nicht schafft das Embargo aufrecht zu erhalten. Die aktuelle Situation hat diesen Rückzug nur beschleunigt.

     

    Denken Sie UNO-Truppen sollen in einen Drei-Fronten-Krieg zwischen den von Franzosen und Briten ausgestatten Rebellen, den Assad-Truppen mit Unterstützung aus Russland und dem USA-Stiefkind Israel eingekesselt sein?

     

    Österreich stellte sich gegen Frankreich und GB um eine weitere Eskalation zu vermeiden aber scheiterte an der Kriegslust dieser Beiden und der Inaktivität vieler anderer Länder. Die Truppen nun zurückzuziehen ist kein Beweis von Charakterschwäche sondern nur von Konsequenz und ein Zeichen ,dass sich die kleine Alpenrepublik nicht alles gefallen lassen muss.

     

    (Ich wette, wären es deutsche Truppen, die den Rückzug angetreten hätten, würde Ihr Kommentar anders aussehen)

  • F
    Felix

    Herr Waibel,

     

    als Österreicher kränkt mich Ihr undifferenzierter, polemischer Kommentar. Was motiviert Sie dazu?

     

    FA

  • P
    petronius

    "nun da die 39 Jahre ruhigst verlaufene „Sunshine-Mission“ sich in eine verwandelt, die tatsächlich den Einsatz von Soldaten nötig machte"

     

    tut sie das denn, hr. waibel?

     

    das ausbatt sollte den waffenstillstand zwischen israel und syrien beobachten. hat keinen friedenserhaltenden, frieden herstellenden oder gar kampfauftrag, ebenso wenig wie die kroatichen, japanischen oder philippinischen undof-truppen, die sich genauso zurückziehen

     

    der syrische bürgerkrieg ist ein ganz anderes kapitel, in dem undof eben keinen auftrag hat. warum also sich von syrischen granaten (seien es die der assad-truppen oder der aufständischen) ohne gegenwehr oder auch nur die möglichkeit dazu niederkartätschen lassen?

     

    das kann doch die bundeswehr übernehmen, bevor die aus afghanistan zurückkehrenden noch arbeitslos werden...

     

    die österreichische uno-truppe hat schon im libanonkrieg unter israelischen bomben gefallene zu verzeichnen, und blieb damals dennoch. irgendwann ist aber auch schluß

  • NW
    NO WAR

    Österreich Charakterlosigkeit vorzuwerfen ist meines Erachtens schon feist.

     

    Dem österreichischem Kontigent macht es soooo viieel Spaß von unberechenbaren bärtige Trollen entführt und gedemütigt zu werden. Die Terroristen nennen das dann feist: "UNO Soldaten in Schutz nehmen" später haben die Terroristen die Österreicher wieder frei gelassen aber die Fahrzeige behalten um damit weitere Terroranschläge in Daara zu begehen.

     

    Eindeutig hat Österreich gesagt: Tritt der Fall ein, dass das europäische Waffenembargo an die Islamofaschisten (Al Nusra, FSA) aufgehoben wird, dann beenden wir den Einsatz auf den Golanhöhen - denn dann wird die Lage unkontollierbar.

     

    Wer das nicht hören wollte: Britische - und franz. Politiker, zu scharf waren sie darauf den Halsabschneidern Massenvernichtungswaffen zu liefern.

     

    Charakterstärke würde ich das nennen was Österreich macht, sich nicht total alles gefallen lassen und zum Kriegsunterstützer für Halsabschneider zu werden.

     

    Danke Österreich!

  • S
    Schundblatt-Leser

    Charakterlos ist Ambros Waibel, weil er uns mal wieder den Krieg und die Masseneinwanderung von billigen Arbeitssklaven aus den islamischen Ländern schmackhaft machen will. Typisch TAZ, BILD, GALA...

  • BG
    Bernd Goldammer

    Lieber Herr Waibel, den Österreichern dürfte wohlbekannt sein. wie es zur Eskalation der Entwicklung in Syrien gekommen ist. Und auch Sie wissen das! Warum sollen sich ausgerechnet die Österreicher jetzt in den finalen Kriegsschlamassel hineinziehen lassen. Jahrzehntelang haben sie ehrenhaft zu ihrem Wort gestanden. Das Wort Charakterlosigkeit ist völlig unangebracht. Im Gegenteil! Es gehört sehr viel humanistisches Ehrgefühl dazu an dieser Stelle Nein zu sagen. Wenn Geheimdienste aus mehreren Staaten gemeinsam mit bezahlten Freischärlern einen Bürgerkrieg vom Zaun brechen der immer bestialischer wird, dann gibt es nichts mehr zu beaufsichtigen. Warum sollen sich österreichische Soldaten an Leib und Leben gefährden? Doch Frieden geht immer noch. Russland und die USA müssen die Sache gemeinsam in die Hand nehmen. Wie zu hören ist, zeigt Putin volle Verhandlungsbreitschaft. Dann mal los…