Kommentar Öl-Referendum in Italien: Die ausgebliebene Revolte

Schade – die niedrige Beteiligung am Erdöl-Volksentscheid ist eine vertane Chance: Italiens Energiepolitik hätte wieder ernsthaft diskutiert werden können.

Olivenölflaschen in einem Supermarktregal

Die Italiener lieben ihr Öl eben doch Foto: imago/Levine-Roberts

Klar gesiegt und doch verloren: Beim Referendum über weitere Öl- und Gasbohrungen vor Italiens Küsten am Sonntag erreichten die Stimmen der Gegner zwar über 80 Prozent. Da aber zugleich die Beteiligung unter der für die Gültigkeit vorgeschriebenen Hürde von 50% blieb, ist die Volksbefragung ungültig.

Nicht einmal ein Drittel der Bürger Italiens fand am Sonntag an die Urnen. Das lag nicht zuletzt daran, dass am Ende nur noch über einen Randaspekt abgestimmt wurde. In zentralen Fragen war die Regierung unter Matteo Renzi den Referendumsbefürwortern bereits im Vorfeld entgegengekommen – vorneweg mit der klaren Ansage, dass in einer 12-Meilen-Zone vor den Küsten keine neuen Bohrkonzessionen mehr erteilt werden. Damit hatte die Referendumsbewegung eigentlich schon im Vorfeld in der wichtigsten Frage gewonnen, nun ging es nur noch um die Restlaufzeit der bisher schon gewährten Konzessionen.

Das Referendum hätte eine Gelegenheit sein können, die Diskussion über Italiens Energiepolitik zwischen fossilen und erneuerbaren Quellen wieder ernsthaft aufzunehmen. Viel hat Italien in den letzten zehn Jahren getan, es deckt mittlerweile 40% des nationalen Strombedarfs mit Wind-, Wasser- oder Sonnenenergie. Doch seit drei Jahren ist der Ausbau der Erneuerbaren fast völlig zum Erliegen gekommen.

Von einer solchen Debatte war jedoch so gut wie nichts zu sehen. Stattdessen votierten die Italiener am Ende faktisch über eine ganz andere Frage: pro oder contra Renzi. Der Ministerpräsident selbstleistete seinen Beitrag dazu, indem er kräftig für die Stimmenthaltung bei diesem in seinen Augen „sinnlosen“ Referendum trommelte.

Dies war gefundenes Fressen für seine innerparteilichen Gegner, dielinke Minderheit innerhalb der Partito Democratico (PD). Sie träumte davon, dem Regierungschef eine symbolische Niederlage beizubringen, im Vorfeld des weit wichtigeren Referendums über die Verfassungsreform im Oktober. Mag sein, dass diese – am Ende von Renzi ebenso wie von seinen Widersachern vorgenommene – symbolische Aufladung die Zahl der Abstimmenden noch ein Stück erhöht hat, doch umso eindeutiger ist das Resultat: Die Revolte gegen Renzi ist schlicht ausgeblieben.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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