Kommentar Ökoautos: Stiftung Warentest muss ran
Früher half die VCD-Liste beim Erwerb von möglichst ökologischen Pkw. Nach Dieselgate haben sich seine Empfehlungen erledigt.
D reizehn Fan Facts über Wales; fünf arabische Staaten, in denen es am härtesten ist, eine Frau zu sein; die fünfundzwanzig kuscheligsten schwarzweißen Katzen; zehn Sätze, die Sie beim ersten Date nicht sagen dürfen: Nicht alle Listen, neudeutsch Listicles, sind relevant. Zudem gaukeln sie ja nur vor, Orientierung ins Lebenswirrwarr zu bringen.
Anders war das bei der jährlichen Liste des Verkehrsclubs Deutschland. Ungefähr so unbestechlich wie der Duden lieferte der VCD uns seit 1989 jedes Jahr ein Ranking der Autos mit geringem Verbrauch, niedrigem CO2-Ausstoß und wenig Lärm. Für Autokäufer, die sich nicht so gut auskennen und trotzdem möglichst ökologisch fahren wollen, ein unverzichtbares Vademecum. Vertrauen Sie den Tests des ADAC?
Dann kam Dieselgate. Völlig zu Recht verzichtet der VCD jetzt auf seine Liste: Die im Labor generierten Werte sind wohl alle stark gepfuscht, wenn nicht gar erfunden. Toleriert bis gefördert wurde dieser Bananenrepublik-artige Zustand von Kraftfahrtbundesamt und Bundesverkehrsministerium.
Und nicht nur hier: In ganz Europa herrscht eine von der Politik geduldete, geradezu absurde Unkenntnis über den tatsächlichen Straßenverbrauch und die im echten Verkehr verursachten Emissionen von Hunderten Autotypen.
Um die Tests im Labor „vergleichbarer“ zu machen, sind sie zur Farce verkommen: Der Unterschied zwischen Herstellerangaben und „Wirklichkeit“ ist zuletzt sogar angestiegen. Bei einigen Autos liegt der angegebene Alltagsverbrauch um 40 Prozent (!) über den Testergebnissen im realen Straßenverkehr.
Ja, es ist teuer, Emissionen und Verbrauch aller Kisten im Alltagstest zu ermitteln. Aber: Wir haben ein Recht darauf zu erfahren, wie es um Nachhaltigkeit und gesundheitsschädigende Wirkung der Pkws bestellt ist. Auch die Umweltbelastung beim Bau von Autobatterien kann man vergleichen. Hallo Stiftung Warentest, bitte übernehmen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau