Kommentar Nichtanmeldung Mai-Demo: Heraus zum pragmatischen 1. Mai
Die Revolutionäre 1.-Mai-Demo ist angekündigt, aber nicht angemeldet. Das ist kein Problem und zum Glück gibt sich auch der Senat entspannt.
D ie Demo und das Meer eigentlich verbotener Flaggen zum 1. Mai in Solidarität mit den syrischen Kurden wird also nicht angemeldet. Die Innenverwaltung findet nichts dabei. Na und? Wem wäre denn auch damit gedient, wenn sich die Demo-Organisatoren in langwierigen Verhandlungen mit der Versammlungsbehörde über die zulässige Länge von Seitentransparenten streiten würden?
Nebenbei: Vermummungsverbot und Friedlichkeitsgebot sind allen Beteiligten hinreichend bekannt, die Interventionsmöglichkeiten der Berliner Einsatzhundertschaften ebenso. Geschacher um konkretere Auflagen würde das Maß an Entschlossenheit weder auf Seiten der Polizei noch der DemoteilnehmerInnen wesentlich beeinflussen.
Das Versammlungsgesetz sieht eine Anmeldung zwar als verpflichtend an, die Nichtbefolgung rechtfertigt aber nicht automatisch ein Verbot oder ähnlich restriktive Maßnahmen. Solange keine unmittelbare Gefährdung anderer hoher Rechtsgüter vorliegt, handelt die Versammlungsbehörde absolut richtig, eine angekündigte, aber nicht angemeldete Demonstration genauso zu behandeln wie jede andere.
Insofern ist die Nichtanmeldung der Revolutionären 1.-Mai-Demo vor allem pragmatisch und keine wirkliche Provokation. Dass Polizei und Senatsinnenverwaltung die Ankündigung auch nicht als solche lesen, sondern wie schon im vergangenen Jahr nicht weniger pragmatisch als die Nichtanmelder agieren, ist also vernünftig und rechtsstaatlich. Alles andere wäre eine unnötige Eskalation, die das Recht auf Versammlung unter freiem Himmel nachhaltig beeinträchtigen und Zusammenstöße wahrscheinlicher machen könnte.
Bekanntermaßen verläuft das Auftreten einer großen Zahl von Demonstrierenden in der Öffentlichkeit in den seltensten Fällen völlig störungsfrei ab. Die Erfahrung der vergangenen Jahre aber zeigt, dass Deeskalation insgesamt zu einem friedlicheren Hergang des 1. Mai beiträgt.
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