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Kommentar Neue AsylzahlenEnde der Humanität

Bettina Gaus
Kommentar von Bettina Gaus

Die gesunkenen Asylzahlen zeigen: Die Abschottung funktioniert. Trotzdem werfen die Koalitionssondierer Verfassungsgrundsätze über Bord.

Die liebsten Flüchtlinge scheinen vielen Politikern derzeit die zu sein, die man von hinten sieht Foto: dpa

D ie Politik der Abschottung funktioniert. Nichts anderes beweist die dramatisch gesunkene Zahl der Asylanträge im letzten Jahr. Die Entwicklung lässt sich ja nicht darauf zurückführen, dass die Welt plötzlich friedlicher geworden wäre oder weniger Menschen auf Rettung aus Todesgefahr hofften.

Vor diesem Hintergrund lassen sich bisherige Ergebnisse der Sondierungen für die Bildung einer Großen Koalition zum Thema Migration nur als obszön bezeichnen. Bis zu höchstens 1.000 Angehörige von Geflüchteten mit eingeschränktem Aufenthaltsstatus sollen künftig monatlich im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland kommen dürfen. Eintausend! Das bedeutet eine Person pro – etwa – 82.500 Deutsche. Anders ausgedrückt: Eine Stadt wie Tübingen muss den Zuzug eines weiteren Mannes, einer Frau oder eines Kindes pro Monat verkraften.

Wer bei diesem Zahlenverhältnis behauptet, Angst vor Überfremdung zu haben, spinnt. Oder verfolgt rassistische und völkische Motive. Den neuen – und alten – Regierenden geht es ums Prinzip, und sie haben Angst. Vor einem befürchteten Stimmenzuwachs der Rechten. Deshalb werfen sie Verfassungsgrundsätze wie den Schutz der Familie über Bord, deshalb dehnen sie Völkerrecht.

Die AfD hat bei den letzten Bundestagswahlen 12,6 Prozent der Stimmen erzielt. Ein Erfolg, aber auch nicht mehr. Bedeutend werden die Rechtspopulisten erst, wenn andere sie behandeln, als seien sie mehrheitsfähig. Genau das tun derzeit die meisten traditionellen Kräfte der Republik. Manche scheinen sich nach über 70 Jahren Frieden einfach nicht mehr vorstellen zu können, was Krieg bedeutet. Ausgerechnet die Union, die den Schutz der Familie auf ihre Fahnen geschrieben hat, macht deutlich, dass dieser Schutz für Nichtdeutsche nicht gilt. Und die SPD spielt mit – auch im Hinblick auf die Gesamtzahl der Geflüchteten, die sie für akzeptabel erklärt.

Faktisch bedeutet das die Anerkennung einer Obergrenze. Den Abschied von der Humanität.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Nachtrag. Teil II.

     

    Flucht: Problemlösungen müssen her!

    (...)

     

    Meine Ausführungen verweisen auf das eigentliche Problem! Natürlich gehört auch hierzu, die Benennung der ökonomischen und militärischen Krisenverursacher: vor allem in den NATO-Staaten und deren Wirtschafts-, Rohstoff-, Banken- und Monopolverbänden.

     

    Hier wäre es unsere Aufgabe, gegen die Krisenverursacher im eigenen Land aktiv vorzugehen! Daran müssten sich aber auch die DGB-Gewerkschaften, auch die IG-Metall und alle bürgerlichen Humanisten, Antimilitaristen und Linken aktiv mit dauerhaften und wirksamen Aktionen beteiligen!

  • Flucht: Problemlösungen müssen her!

     

    “Wer bei diesem Zahlenverhältnis behauptet, Angst vor Überfremdung zu haben, spinnt. Oder verfolgt rassistische und völkische Motive.“

     

    Würden die bundesdeutschen Vermögenden und Superreichen sich an den realen Kosten der Aufnahme, entsprechend ihrer privaten Kapital und Vermögensverhältnisse, nur beteiligen, was sie niemals in ihrer bundesdeutschen Republik tun werden, dann könnte deren BRD auch 8-10 Millionen Flüchtlinge aufnehmen!

     

    So wie es jetzt läuft, da werden die materiellen und sozialen Kosten der Flüchtlingsaufnahme vor allem die w/m Lohnarbeiter, die w/m Geringverdiener und sozial Armen tragen müssen! Selbst die kapitaltragenden Parteien, deren m/w Parlamentarier und Regierungsadministration, die hohen Beamten in Ministerien und Behörden, sie werden sich nicht, bzw. kaum angemessen, an den jährlichen Multi-Milliarden ernsthaft beteiligen!

     

    Zudem stellt sich aber auch die Frage: Wer soll die korrupten und mörderischen Krisenverhältnisse in den Herkunftsländern der Flüchtlinge beseitigen? Wir sollten es doch eigentlich auch wissen, das ist nicht die zentrale geopolitische und militärische Aufgabe der westlichen und östlichen Geheimdienste und deren Militärverbände in den Krisen- und Kriegsregionen.

     

    Die sozioökonomischen, militärischen und gesellschaftspolitischen Aufgaben in den Krisen und Kriegsregionen, die können letztlich nur von den dortigen Bevölkerungen gelöst werden!

     

    An dieser Haupt-Aufgabe, die wirtschaftlichen und sozialen Krisen und gewaltsamen und militärischen Konflikte vor Ort zu lösen, daran müssen sich auch die psychisch geeigneten und kampffähigen (heutigen) Flüchtlinge, heute noch in der BRD und EU, selber aktiv beteiligen!

     

    Fortsetzung: Teil II. von II.

  • Die Leute haben doch nicht Angst vor Überfremdung wegen der 1000 Leute pro Monat.Es geht um die 890.000 Menschen 2015, um die 280.000 im Jahre 2016 und die 180.000 im letzten Jahr.

     

    Haben Sie, Frau Gaus, wirklich Ihr Ohr so wenig am Puls der Zeit, dass Ihnen das nicht bewusst ist?

     

    Was den Menschen insbesondere Angst bereitet, ist das Gefühl, Regierungen - auch der Bundesländer - und die Verwaltungen seien gar nicht in der Lage zu steuern, wer kommt und wer bleibt.

     

    Da fehlt Vertrauen. Dann würde auch keine Rolle spielen, ob nun ein paar Tausend mehr oder weniger kommen.

     

    Hier wird deutlich, dass eine effektive Einwanderungspolitik eben auch den Flüchtlingen nutzt.

  • 6G
    69842 (Profil gelöscht)

    Als taz-Redakteur die Welt zu retten finde ich schon sehr ehrenwert. Die Leute die einem richtigen Beruf nachgehen und den ganzen Spaß finanzieren sollen haben nur leider keine Lust darauf.

    • @69842 (Profil gelöscht):

      Meinen Sie wirklich, Taz-Leser sind alles Leute, die keinem richtigen Beruf nachgehen?

      Dann wäre die Zeitung wohl schon pleite.

    • @69842 (Profil gelöscht):

      Kater,

       

      Sie nehmen für sich in Anspruch, darüber zu urteilen was ein "richtiger" Beruf ist?

       

      Sie glauben, Menschen verlassen ihre Heimat aus "Spaß"?

       

      Das finde ich sehr unreflektiert und einfältig, was Sie da von sich geben.

       

      Mario

    • @69842 (Profil gelöscht):

      Ganz im Gegenteil. Die TAZ ist das einzige Forum, in dem für solche Fragen passende Antworten kommen. Daher wird dieses Portal durch mich finanziell unterstützt - jeden Monat.

      • @Claudio:

        Passende Antworten? Sie meinen im Sinne einer Echokammer? Das hab ich hier auch schon öfter festgestellt.

        • @EinfachIch:

          Ich empfinde Artikel wie Kommentare als durchaus heterogen.

           

          Eine bestimmte Zielgruppe hat jede Zeitung. Das liegt schon daran, dass Leute hauptsächlich Zeitungen kaufen, in denen sie ihre Meinung wiederfinden.

           

          Ich unterstütze das Portal ebenfalls monatlich, auch wenn nicht jeder Artikel meine Meinung widerspiegelt. Gerade weil ich kein Freund von Echokammern bin.

    • @69842 (Profil gelöscht):

      Wahre Worte.

    • 9G
      97627 (Profil gelöscht)
      @69842 (Profil gelöscht):

      Ich gehe, ebenso wie der Autor, einem "richtigen Beruf" nach und stimme diesem völlig zu.