Kommentar Nahostkonflikt in der Linken: Mehr Distanz, bitte
Die Linkspartei führt heftige Debatten zum Konflikt in Nahost. Sie sollte sich das sparen. Für die eigene politische Identität eignet sich die Frage nicht.
W enn in Nahost die Gewalt eskaliert, ist in Deutschland stets ein intellektueller Kollateralschaden zu verzeichnen: der Streit in der Linkspartei. Hart prallen Pro-Palästina-, durchweg linker Flügel, und Pro-Israel-Fraktion, durchweg Realos, aufeinander. Es gibt unangenehme, heftige Debatten, die Parteien mitunter für die Gesellschaft austragen: Diese gehört nicht dazu. Sie ist vielmehr eine endlose Rückkoppelung des seit Jahrzehnte währenden Streits der deutschen Linken, wie man es mit Israel zu halten hat.
Dabei wäre etwas zu lernen aus dieser Geschichte. Etwa, dass man gerade in Deutschland den Nahostkonflikt nicht für die eigene politische Identität benutzen sollte. Dass es nützlich wäre, sich ähnlich engagiert um Syrien oder Sudan zu kümmern. Dass man sich nicht so wichtig nehmen sollte. Also: Rüstet euren Gefühlshaushalt ab! Mehr Selbstdistanz, bitte! Keine billige Identifikation mit Opfern!
Doch die Lernresistenz ist größer. Nach einer Pro-Gaza-Demo der Linkspartei-NRW kam es zu Aggressionen gegen Pro-Israel-Demonstranten. Im Demo-Aufruf der Linkspartei-Jugend solid fehlte zuvor jeder zarte Hinweis auf Hamas-Raketen. Zu den äußerst zaghaften Fortschritten zählt, dass linke Fundis dabei sind, das Selbstverständliche zu begreifen – dass die Hamas existiert.
Kein Missverständnis: Die kritiklose Identifikation mit Israel ist die andere Seite der linksfundamentalistischen Einäugigkeit. Eine Linke, die aus ihren Irrtümer klug geworden ist, müsste Kritik an und Solidarität mit Israel gleich gewichten. Das schließt ein, wegen des skandalösen Siedlungsbaus Sanktionen gegen Israel zu fordern. Und das schließt jede Einseitigkeit und jede Nähe zu Militanten und Judenfeinden radikal aus. Es sieht nicht so aus, als hätte die Linkspartei-NRW das begriffen.
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