piwik no script img

Kommentar NSUBedauern und mauern

Wolf Schmidt
Kommentar von Wolf Schmidt

Bei der politischen Aufarbeitung der NSU-Morde wäre es gut, eigene Fehler einzuräumen. Die kann sich der bayerische Ex-Innenminister Günter Beckstein aber nicht eingestehen.

D ie Aufarbeitung der NSU-Morde erfolgt an vielen Fronten. Da ist zum einen die juristische Aufarbeitung, bei der es am Freitag zu einer überraschenden Nachricht kam, indem einer der mutmaßlichen Helfer des Neonazitrios aus der U-Haft entlassen wurde. Ein Menetekel für den weiteren Umgang der Justiz mit dem NSU? Hoffentlich nicht.

Sorgen machen kann man sich aber schon jetzt über die politische Aufarbeitung. Im Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte am Donnerstag bis in den Abend hinein mit dem bayerischen Ex-Innenminister Günther Beckstein (CSU) der erste Zeuge ausgesagt, der in der fraglichen Zeit politische Verantwortung trug – die er aber im Zusammenhang mit dem NSU nicht übernehmen möchte. Bayern habe nix großartig falsch gemacht, befand er. Und er schon zweimal nicht.

Es war überhaupt ein seltsamer Auftritt von Beckstein. Um zu beweisen, wie viel er als Innenminister gegen Rechtsextremismus getan habe, entblödete er sich nicht einmal, aus einer Laudatio der ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden zu zitieren – auf Beckstein. Das könnte man ihm als Schrulligkeit durchgehen lassen. Unverzeihlich aber ist, dass er nicht die Größe hatte, zumindest die Fehler der bayerischen Behörden zuzugeben, die offenkundig sind.

taz
WOLF SCHMIDT

ist taz-Redakteur für Rechtsextremismus und stellvertretender Leiter des Inlandsressorts.

Denn der Untersuchungsausschuss hat schon jetzt herausgearbeitet, wie miserabel Polizei und Verfassungsschutz im Freistaat zusammenarbeiteten, wenn es darum ging, einem möglichen rechtsextremen Motiv nachzugehen. Mal verließ sich der eine auf den anderen, der dann aber nichts tat; mal blockierten sich die Behörden gegenseitig. Im Ergebnis blieben zehn Morde über elf Jahre unaufgeklärt.

Dass Beckstein dies bedauert, steht außer Frage. Aber sein Bedauern wäre noch überzeugender gewesen, wenn er das Mauern gelassen hätte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Wolf Schmidt
Inlandsredakteur (ehem.)
Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • TS
    Thomas Sch.

    28052012Da stimmt doch auch wieder was nicht: Da erschießen sich zwei Leute in ihrem Wohnwagen. Und zünden ihn danach an ? Wie soll das denn gehen ? Oder haben sie den Wagen erst angezündet und sich danach zum Erschießen wieder reingesetzt ? Auch eher unwahrscheinlich. Und wie soll man sich denn mit mehreren Schüssen selbst erschießen ? Soll ich das glauben, daß man mehrere Schüsse auf sich selber abfeuern können kann ? Glaub´ ich nicht. Daß man mich nicht falsch verstehe: Ich habe keinerlei Sympathie für das braune Gesocks, aber was uns hier von den Behörden aufgetischt wird, das kann doch so gar nicht stimmen. Und warum tischt man uns denn hier so dicke Lügen auf ? Da brennt das Haus der NSU-ler ab, aber der Hakenkreuzkoffer hat das blütenrein überlebt ? Auch das kommt mir seltsam vor. Was mir dagegen nicht komisch vorkommt, ist, das x verschiedene Behörden parallel und natürlich nicht koordiniert nebenheinanderher vor sich hinwurschteln. Eifersüchtig darauf bedacht, keiner Konkurrenzbehörde auch nur ein Wort zuviel mitzuteilen. Die lokale Polizei, die Landespolizeibehörde, irgendwelche Sonderkommisissionen, dazu Bundespolizei, Verfassunsschutz und was weiß ich noch, was da kreucht und fleucht. Jede Gruppe kocht ihr Süppchen. Was für ein Durcheinander.

  • KS
    Komische Seite

    Interessant, wie hier von einigen die NSU als lächerliche, gar erfunden dargestellt wird.

  • I
    ICC

    Interessant ist es auf jeden Fall zu sehen, dass es doch noch welche gibt die an die NSU glauben.

    Aber auch kein Wunder. Es gibt ja auch welche, die an UFOs glauben, an Nessie oder den Yeti.

  • R
    Realist

    „Ein Menetekel für den weiteren Umgang der Justiz mit dem NSU? Hoffentlich nicht.“

     

    Formulieren wir mal realistischer:

     

    Ein Menetekel für den weiteren Umgang der Justiz mit der herbeihalluzinierten NSU?

    Hoffentlich.

  • V
    viccy

    Am besten schafft man einfach eine Riesensuperbehörde mit allen Kompetenzen. Die kann dann alles und jeden überwachen und findet auch mal drei Mörder.