Kommentar NSA und Verschlüsselung: Den Skandal für neues Netz nutzen
Der US-Geheimdienst NSA durchdringt die meisten Verschlüsselungsprogramme. Kommt jetzt Schwung ins freie Internet?
D ie nächste Enthüllungsstufe im Überwachungsskandal ist erklommen. Neue Dokumente des Whistleblowers Edward Snowden belegen, dass britische und US-amerikanische Geheimdienste auch die meisten Verschlüsselungsprogramme knacken können.
Damit ist – falls Sie den Überblick verloren haben – nun klar: Die Spione überwachen das Internet komplett, sie arbeiten dafür mit fast allen möglichen privaten Firmen zusammen, und sie kommen auch auf jeden privaten Computer und in fast jede Datei. Wenn sie wollen.
Ist nun alle Hoffnung dahin? Nicht ganz. Erstens existieren Edward Snowden zufolge durchaus noch Verschlüsselungsverfahren, die nicht geknackt werden können.
Details gibt es dazu bislang keine, unter anderem weil sich selbst weltbekannte Medien wie der Guardian und die New York Times vor den strafrechtlichen und anderen Konsequenzen fürchten, wenn sie diese, bisher mit allerhöchster Priorität gehüteten Dokumente veröffentlichen würden.
Das Wissen, welche Verfahren sicher sind und vor allem: wie man diese sicher auf dem eigenen Computer installiert und nutzt, wird sich aber schon noch verbreiten.
Und zweitens bringt die Serie von Enthüllungen vielleicht endlich Schwung in die Bewegung für ein unabhängiges Internet. Eines, in dem viele Nutzer und viele kleine Firmen die Leitungen und die zugehörige Software betreiben. Ein Internet, das auf die Privatsphäre ausgerichtet ist und nicht auf Überwachung.
Bisher war das eine Angelegenheit für ein paar exotische Netzbastler. Aber mit der Zahl der Enthüllungen wächst ja nicht nur die Gruppe der potenziellen Nutzer.
Es eröffnen sich auch ökonomische Chancen: Im dezentralen Indie-Internet verdient man Geld mit der Privatheit, nicht mit der Überwachung. Da gewinnen die Worte Privatwirtschaft und freies Unternehmertum doch einen ganz neuen Klang. Mal sehen, was die USA und die großen Internetkonzerne dazu sagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Verbotskultur auf Social Media
Jugendschutz ohne Jugend