Kommentar NSA und NSU: Ist die Presse das wahre Problem?
Es gibt eine Parallele bei den Affären um NSA und NSU: mangelnde Aufklärung bei Regierung, Nachrichtendienst und Verfassungsschutz.
M anchmal passieren Dinge gleichzeitig, die nicht direkt zusammengehören, aber doch zum Vergleich anregen. Einerseits kam am diesen Wochenende heraus, dass die NSA eine mutmaßliche Quelle des Nachrichtenmagazins Der Spiegel im Berliner Kanzleramt aufdeckte. Andererseits stellte Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen eine Strafanzeige wegen Geheimnisverrat, weil deutsche Medien immer wieder vertrauliche Geheimdienstunterlagen veröffentlichten.
Interessant ist zum einen die Reaktion der Bundesregierung, als sie vom Leck in ihrem Kanzleramt hörte: Schnell versetzte sie den mutmaßlichen Spiegel-Informanten. Sie unternahm aber nichts gegen die Überwachung, der National Secutity Agency (NSA) mit der die vermeintliche Quelle enttarnt wurde.
Das eigentliche Problem aus Sicht der Bundesregierung ist offensichtlich der Informationsabfluss an die Presse, nicht die Überwachung durch einen ausländischen Geheimdienst.
Genauso interessant sind die Signale, die Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, setzt. Wegen der unangenehmen Presseberichte schaltete er die Justiz ein. Auf eine Strafanzeige gegen die NSA kann man von ihm aber wohl lange warten. Der Verfassungsschutz vertritt eben nicht die Interessen der Presse gegen ausländische Geheimdienste, sondern die Interessen der Geheimdienste gegenüber der deutschen Pressefreiheit. Dabei heißt der Dienst doch „Verfassungs“-Schutz.
Aber möglicherweise steckt ja etwas anderes hinter dem mangelnden Aufklärungswillen bei der Bundesregierung, beim Bundesnachrichtendienst und dem Verfassungsschutz. Vielleicht ist die NSA ja gar nicht selbst auf das Leck gekommen, sondern hat im Auftrag deutscher Regierungsstellen gelauscht und überwacht. Bevor so etwas herauskäme, lassen sich die Regierung und ihre Dienste vielleicht lieber als US-Schoßhündchen verspotten. Vorstellen kann man sich inzwischen leider vieles.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins