Kommentar NPD-Verbot: Gefährliches Spiel
Um ihr linkes Profil zu schärfen, stößt die SPD erneut die Debatte um ein NPD-Verbot an. Damit könnte sie ordentlich auf die Füße fallen - und verschafft der NPD viel kostenlose Werbung.
Höchst ungeschickt versucht die SPD, die Debatte um ein NPD-Verbot nach altem Muster zu inszenieren. Auf der einen Seite stehen demnach die Guten, die aufrecht den Kampf gegen den Rechtsextremismus aufnehmen, auf der anderen Seite die Bedenkenträger von der Union, die sich diesem noblen Anliegen widersetzen. Doch dieses schlichte Bild wird der Realität nicht gerecht.
Natürlich ist die Haltung der Union angreifbar. Doch CDU und CSU haben nach dem Scheitern des ersten Verbotsantrags im Jahr 2003 wenigstens klar Position bezogen und ihr Nein zu einem neuerlichen Vorstoß gut begründet. Die SPD dagegen treibt mit diesem sensiblen Thema ein gefährliches Spiel. Schon vor dem letzten Parteitag in Hamburg war vielen in der SPD klar, dass ein Verbotsverfahren gegen die NPD in absehbarer Zeit keine Chance auf Erfolg haben würde. Doch Kurt Beck schien diese Forderung so nützlich wie das Thema Mindestlohn, um ein linkeres Profil aufzulegen. Ein fataler Irrtum. Denn nun droht die Offensive als Rohrkrepierer zu enden, bevor sie überhaupt in Gang gekommen ist.
Bis Ende März sollten die Innenminister der Länder Wolfgang Schäuble neues Material vorlegen, welches für ein Verbot der NPD ins Gewicht fallen könnte. Doch auch aus den sozialdemokratisch regierten Bundesländern kam dazu bislang fast nichts. Was es gibt, stammt aus öffentlich zugänglichen Quellen, und das wird kaum für ein neues Verfahren ausreichen. Denn dass die NPD verfassungsfeindlich ist, weiß auch die Union. Für ein Verbot ist das laut Bundesverfassungsgericht aber nicht genug. Dafür bräuchte es Belege, dass die NPD die Bundesrepublik in "aggressiv-kämpferischer Weise angreift" - etwa, indem sie bewaffnete Widerstandskämpfer ausbilden lässt. Oder einen Nachweis dafür, dass NPD-Kader zusammen mit den militanten "Freien Kameradschaften" systematisch Straftaten begehen. Öffentlich zugängliche Quellen wie Medienberichte und Internetvideos liefern dafür aber bestenfalls Indizien.
Deswegen wird der SPD ihre lautstarke Forderung nach einem NPD-Verbot auf die Füße fallen. Die NPD kann das als kostenlose Werbung verbuchen. DANIEL SCHULZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Pläne zur Krankenversicherung
Ohne Schutzschild aus der Deckung
„Campact“ startet Anti-CDU-Kampagne
Kein Kreuz für Merz
Ökonom zu Habecks Sozialabgaben-Vorstoß
„Die Idee scheint mir ziemlich unausgegoren“
Abstoßender Wahlkampf der Rechten
Flugticket-Aktion sorgt für neue Forderungen nach AfD-Verbot
Hoffnungsträger Wasserstoff
Wünsch-dir-was reicht lange nicht
Debatte über Staatsbürgerschaft
Sicherheitsrisiko Friedrich Merz