Kommentar Merkel und der Syrienkrieg: Tanzen mit Baschar
Die Kanzlerin spricht sich erstmals für Gespräche mit Assad aus. Notwendig wäre, die Regionalmächte wie Iran und Saudi-Arabien einzubinden.
F ür manche zeichnet sich auf dem diplomatischen Parkett zur Lösung der Syrienkrise zu viel an Bewegung ab. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel wie auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann nun dafür eintreten, bei Friedensgesprächen den syrischen Diktator Baschar al-Assad mit einzubinden, wird bei den Kämpfern der Freien Syrischen Armee (FSA) und der türkischen Regierung schwer zu vermitteln sein.
Auch in den USA und Großbritannien sind viele Entscheidungsträger noch nicht bereit, auf diesen Weg einzubiegen. Doch gibt es eine Alternative dazu, Russland und damit Assad an Gesprächen über eine Friedensregelung zu beteiligen?
Der Vorschlag des SPD-Außenpolitikers Gernot Erler, eine Kontaktgruppe zu gründen, bei der die USA, Europa, Russland und die Regionalmächte Türkei, Iran und Saudi-Arabien beteiligt sind, weist wohl in die richtige Richtung. Schon in einigen Konflikten – so auf dem Balkan – konnten durch regelmäßig tagende Kontaktgruppen Weichen für Waffenstillstände gestellt und sogar Friedensverhandlungen eingeleitet werden.
Den Syrienkrieg zu beenden bleibt trotz der möglichen Zusammenarbeit der USA mit Russland natürlich weiterhin ein Wunschtraum. Zu viele der Akteure in Syrien sind unkalkulierbar. Selbst wenn Russland und die USA bei der Bekämpfung des „Islamischen Staates“ zusammenwirken, sind die militärischen Erfolgsaussichten begrenzt. Doch einen Waffenstillstand zwischen Assad und der FSA zu vermitteln brächte wenigstens der Bevölkerung vor Ort eine Atempause.
Wladimir Putin wird wohl Ende des Monats vor der Vollversammlung der UNO die russische Syrienpolitik erklären. Ob er bereit ist, für die Genugtuung, wieder bei der Gestaltung der Weltpolitik dabei zu sein, mittelfristig Konzessionen in der Frage des Assad-Regimes zu machen, ist natürlich nach wie vor unklar. Um des Friedens willen aber müssen alle Beteiligten Konzessionen machen und einige Kröten schlucken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
HTS als Terrorvereinigung
Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?