Kommentar Mali-Politik der EU: Lehren aus Afghanistan

Die EU darf nicht einfach so in Mali einmarschieren und mal eben einen Staat bauen wollen. Und das wohlfeile Abseits Deutschlands hilft auch nichts.

Jetzt also Mali. Wie lange ExpertInnen und LandeskennerInnen auch jeweils warnen und mahnen – es ist offenbar unmöglich, dass die Europäische Union in einem außenpolitischen Krisenfall auch nur ein einziges Mal so planvoll gemeinsam und abgestimmt vorgeht, wie sie das im Wochentakt verspricht. Stets galoppieren Sachzwänge voran, und die EU-Staaten purzeln hinterher.

Jetzt kämpfen französische Truppen in Mali gegen Islamisten und Terroristen. Die Nato- und EU-Partner finden das schon in Ordnung. Die Bundesregierung verbreitet Nebel darüber, was ein deutscher Anteil an der zweifellos notwendigen Stabilisierung des gepeinigten Landes in Westafrika sein könnte. Gleichzeitig wird einem deutschen Abgeordneten unweit der Frontlinie zwischen Nord- und Südmali aber schon gezeigt, wo die Container für die deutschen Ausbildungssoldaten stehen sollen.

Dabei sind legitime Skepsis und wohlfeiles Abseits in Deutschland wie so häufig die zwei Seiten der bekannten Medaille. Man hegt berechtigte Bedenken über Zweck und Ausmaß jeglichen Einsatzes, ist aber erleichtert, dass dies andere nicht aufhält. Dass Mali in den Worten von Verteidigungsminister Thomas de Maizière „altes französisches Interessengebiet“ ist, spricht ebenso sehr dagegen, dass Frankreich dort eingreift, wie dafür. Der Abschied Europas vom Kolonialismus kann nicht darin bestehen, dass die alten Kolonialmächte die Krisenregionen nach dem Motto zugewiesen bekommen: „Und wenn ihr wieder schießt, schickt uns vorher eine SMS.“

Es reicht für die europäischen Öffentlichkeiten nicht, wenn eine Regierung, die um Hilfe gebeten wird, diese Dringlichkeit nicht erst begründet, sondern gleich losschießt – wie nun Frankreich.

Jetzt müssen mit umso größerem finanziellem und politischem Aufwand die Staaten Westafrikas befähigt werden, Mali vorm Fundamentalismus zu retten. Denn will die EU wenigstens eine Lehre aus Afghanistan ziehen, darf sie nicht einmarschieren und mal eben einen Staat bauen wollen.

Im Unterschied zu Afghanistan hat Mali immerhin Nachbarstaaten, die an seiner Stabilität Interesse haben. 200 Ausbildungssoldaten der Europäischen Union für Mali können nur ein Teil einer solchen Befähigungsmission sein. Diplomatischer Wille, Geld, Hilfe für die demokratischen Gruppen gehören mindestens dazu.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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