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"Da wäre zuallererst die türkische Regierung."
Also, zuallererst war da doch wohl der deutsche Bundestag, der sich ohne jede Vernunft entschieden hat, er müßte jetzt mal einen der vielen hundert Völkermorde die Europäer im 19ten Jahrhundert begangen haben besonders betonen, weil er ja von den Türken begangen wurde, und negative Meinungen über die Türkei eh gerade wieder in Mode waren.
Und dann wundern wir uns alle das die türkische Regierung sich ein wenig angegriffen fühlt? Wie wäre es wir machen den Vergleich, erlassen die passende Resolution über den Völkermord an den etwa 100 Millionen nordamerikanischen Ureinwohnern, die der Invasion der heutigen USA zum Opfer gefallen sind, und schicken ein paar Wochen danach ein paar Bundestags-Abgeordnete mit viel Trara zur Inspektion nach Preston, Virginia um uns da ein Bild über die Zustände vor Ort zu machen.
Was meinen sie, ob unsere Abgeordneten dann wohl in den USA mit großer Freude und "Meinungsfreiheit ist super" Plakaten empfangen werden?
@ShieTar Eine solche Aktion in Preston, Virginia, wäre doch mal den Versuch wert. Ganz im Ernst: Nicht jedes Scharmützel des 19. Jahrhunderts verdient das Schandmal "Völkermord". Wohl aber, was 2-3mal im 20. Jahrhundert geschah: die Shoah und der Genozid an den Armeniern. Eventuell noch die ugandischen Pogrome. Wenn wir den Begriff "Völkermord" relativieren, missbrauchen wir das Andenken an diejenigen, die wirklich darunter gelitten haben.
Es gibt Alternativen zur Türkei, z.B. Kurdistan. Nur machen sich die Kurden derzeit mit dem PKK-Terror als Verhandlungspartner unattraktiv. Schade eigentlich...
Die Türkei ist ein wichtiger geostrategischer Partner, auf den auch die Bundesrepublik angewiesen ist. Verantwortungspolitisch ist es ein alternativloses Gebot, mit ihr politisch und militärisch zu kooperieren, ob es uns passt oder nicht. Ich halte das Vorgehen unserer Regierung für gerechtfertigt. Nicht alles muss man der Innenpolitik unterordnen.
@Hans-Georg Breuer Dieses "alternativlos" kann ich nicht mehr hören! Die Art und Weise, wie die Bundesregierung die Armenien-Resolution beschädigt empört mich. Die Abhängigkeit zur Türkei ist "gegenseitig" - das Verhalten der Türkei missachtet das - und die deutsche Gemeinschaft an der Grenze der Unterwürfigkeit angelangt - die Kanzlerin sollte diese Grenze nicht weite austesten. Es gibt auch so was wie eine Selbstachtung der deutschen Gemeinschaft. Und es gibt Alternativen im Umgang mit der Türkei, die auch ein Aufzeigen von Grenzen umfassen können! Alternativlos ist nur Ihr Denken!
Danke für die klaren Worte.
Der letzte Absatz war mir ehrlichgesagt noch gar nicht so Bewusst. Vielen dank dafür, nun wird die ganze Sache sogar noch bekloppter.
Ich hätte aber auch Garnichts dagegen, wenn die Bundeswehr dort wieder abziehen müsste. Da hat eine reine Verteidigungsarme auch eh nix zu suchen...
Also verlangen eigentlich ja unsere Verbündeten (Nato) das wir uns beteiligen, was wir nicht können wenn die Türkei unsere Politiker nicht einreisen lässt.
Das wäre doch eine schöne Möglichkeit gewesen, aus der Türkei abzuziehen und die schuld daran (bei der Nato) den Türken zu geben....
Die „Welt“ nennt die Bundesnetzagentur eine neue Zensurbehörde. Das ist ein unnötiger Aufschrei gegen eine normale rechtsstaatliche Aufgabe.
Kommentar Luftwaffenstützpunkt Incirlik: Eine einmalige Leistung
Bundestagsabgeordnete haben sich zu Gehilfen Erdogans gemacht. Ihre Drohung, das Mandat zu stoppen, traf auf die Armenien-Resolution.
Jetzt aber ganz schnell mal ein paar Abgeordnete her, damit in Incirlik alles mit rechten Dingen zugeht Foto: dpa
Ab nach Incirlik, aber zügig! Am Donnerstag genehmigte die Türkei deutschen Abgeordneten den Besuch bei Bundeswehrsoldaten auf der türkischen Luftwaffenbasis. Der Verteidigungsausschuss bereitet die Exkursion jetzt vor und gibt dabei hoffentlich Gas: Je schneller die Reisegruppe losfährt, desto schneller ist die ganze Affäre abgehakt. Besser wäre es, für alle Beteiligten – denn geglänzt hat in den vergangenen Monaten keiner von ihnen.
Da wäre zuallererst die türkische Regierung. Weil ihr die Armenien-Resolution des Bundestags nicht passte, verhängte sie gegen die Abgeordneten ein Reiseverbot. Ihre Probleme im Umgang mit der eigenen Vergangenheit demonstrierte sie damit so deutlich, dass sich jeder weitere Kommentar erübrigt.
Auch die Bundesregierung hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Um die Türkei zu besänftigen, legte sie in der vergangenen Woche eine halbgare Distanzierung von der Bundestagsresolution hin. Das war politisch unklug: Zum einen schränkt die Regierung damit ihre zukünftigen Handlungsoptionen ein, indem sie Ankara dazu ermutigt, beim nächsten Konflikt wieder eine Erpressungsstrategie zu fahren.
Zum anderen taugt die pragmatischste Außenpolitik nichts, wenn sie sich innenpolitisch nicht verkaufen lässt. Ein Großteil der Wähler sieht in der Distanzierung eine unsouveräne Unterwerfungsgeste ohne Gegenwert. Eine Bundesregierung, die ohnehin an Vertrauen verliert, kann sich solche Gesten nicht leisten.
Da wäre drittens aber auch noch der Bundestag. Genauer gesagt: Die Koalitionsabgeordneten, die ein Ultimatum formulierten: Wenn wir bis zum Herbst nicht nach Incirlik dürfen, werden wir das Bundeswehrmandat nicht verlängern, so drohten sie … ja, wem eigentlich?
Die deutschen Tornados sind nicht auf Bitten der Türkei in Incirlik. Eher stellt die Türkei die Luftwaffenbasis auf Bitten der internationalen Anti-IS-Koalition zur Verfügung. In Wahrheit setzten die Abgeordneten mit ihrer Drohung also nicht die türkische Regierung unter Druck, die Armenien-Resolution endlich zu akzeptieren. Viel mehr setzten sie die Bundesregierung unter Druck, Ankara möglichst schnell zu besänftigen.
Anders gesagt: Damit der Bundestag in die Türkei darf, nötigte der Bundestag die Bundesregierung, von der Resolution des Bundestags Abstand zu nehmen. Herzlichen Glückwunsch an alle Beteiligten, das war wirklich eine einmalige Leistung!
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Schwerpunkt Türkei
Kommentar von
Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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