Kommentar Linke und Syrien: Die Logik einer Sekte
Die Linkspartei und die Giftgas-Vernichtung: Wegen einer Bundeswehrdebatte wird die Prinzipienfrage gestellt. Das ist nicht mehr ernst zu nehmen.
E s ist gut, dass die Linkspartei im Parlament militärkritische Positionen vertritt. Sie besetzt damit eine verwaisten Platz und bringt oft zum Ausdruck, was viele pazifistisch gestimmte WählerInnen denken. Die Linkspartei ist nicht nur die einzige Partei im Bundestag, die Bundeswehreinsätze generell skeptisch sieht. Sie ist, neben den Grünen, auch die einzige Kraft, der zuzutrauen wäre, mit einer entschlossenen Reduzierung von Waffenexporten ernst zu machen. Aber will sie das überhaupt?
Ob man Gysi & Co in Sachen Krieg und Frieden noch ernst nehmen kann, ist zweifelhaft. Denn die Debatte der Linksfraktion, ob der Einsatz einer Bundeswehrfregatte zwecks Unterstützung der Vernichtung syrischen Giftgases akzeptabel ist, ist ein Offenbarungseid. Der Fundiflügel denunziert diesen Einsatz mit der üblichen Verdachtsrhetorik als Trick, um die Bundeswehr in Kampfeinsätze zu schicken. Dabei ist diese Aktion ein Paradebeispiel für exakt das, was die Linkspartei selbst oft zu Recht fordert: ein international abgestimmter Abrüstungseinsatz.
Doch noch nicht mal zu einer Enthaltung konnte Gysi seine GenossInnen bewegen. Für die linken Fundis ist Schwarz wenn es passt Weiß; und teilweise Entwaffnung, wenn es passt: Militarismus. Das ist die Logik einer Sekte. Das Offenkundige wird so lange mit Pseudoargumenten umdefiniert, bis es ins Raster passt. Das folgt dem Motto: Was interessiert uns internationale Abrüstung, wenn unsere linksradikalen Reinheitsgebote und Glaubenssätze in Gefahr sind?
Kurzum: Diese Debatte verdeutlicht, dass es in der Linksfraktion einen Flügel gibt, der politikunfähig ist. Entweder die Pragmatiker und Zentristen trennen sich irgendwann von ihm – oder man muss jeden vagen Gedanke an Rot-Rot-Grün endgültig streichen.
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