Kommentar Libanons neue Regierung: Patentrezept auf dem Prüfstand

Ministerpräsident Saad Hariris Ziele sind hohe: Er will den Libanon stabilisieren. Doch das politische System scheint nicht dafür geschaffen.

Libanons Präsident Michel Aoun mit Premierminister Saad Hariri und Parlamentssprecher Nabih Berri

Keine lockere Runde: Libanons Präsident Michel Aoun mit Premierminister Saad Hariri (r.) und Parlamentssprecher Nabih Berri Foto: dpa

Mit einer „Regierung der nationalen Einheit“ will der neue libanesische Ministerpräsident Saad Hariri seinem Land Stabilität bringen und bewahren. Das sind große Worte angesichts der Ereignisse und Entwicklungen im Nachbarland Syrien, der Million syrischer Flüchtlinge im Libanon, vor allem aber angesichts der historischen Abhängigkeit Beiruts von der Damaszener Führung. Hariri wird von Glück sagen können, wenn es ihm mit der 30-köpfigen Regierung gelingt, wenigstens den innenpolitischen Stillstand zu beenden, der sein Land seit über zwei Jahren lähmt.

Das „Patentrezept Große Koalition“ aber ist in Beirut mehr als anderswo auch mögliche Ursache für einen neuen Konflikt. Vielleicht könnte man sich ja noch auf Korruptionsbekämpfung einigen oder mehr Rechte für die Frauen – aber es geht doch längst um ganz andere Fragen.

So wird Hariri – verfassungskonform ein Sunnit – von Saudi-Arabien unterstützt. Er will nun mit der größten politischen und militärischen Bewegung des Landes koalieren, der schiitischen Hisbollah, die in Syrien aktiv aufseiten Baschar al-Assads kämpft, eines erklärten Gegners der Saudis. Die christliche Kata’ib der Maroniten hingegen beteiligt sich nicht an der Regierung; eine ebenso schillernde wie politisch dubiose Figur gibt Präsident Michel Aoun ab. Der christliche ehemalige General und Syrienfeind ist längst ins Lager der Damaskus-Abhängigen gewechselt, anders wäre seine Wahl im Oktober nicht möglich gewesen.

Der Sunnit, der mit der Hisbollah koaliert

Saad Hariri kehrte aus dem Pariser Exil zurück, um zum zweiten Mal Regierungschef zu werden; auch Aoun hatte einst 15 Jahre im Exil verbracht. Beide eint dasselbe Muster: Es geht vor allem um den eigenen Vorteil, um politische und wirtschaftliche Macht.

Wenn nicht äußere Einflüsse, dann werden möglicherweise die nächsten Wahlen im Mai die neue Regierung auf die Probe stellen. Und das politische System dahinter.

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