Kommentar Lebensmittelexporte: Ein Schwein geht um die Welt
Die Agrarindustrie ist längst auf Export getrimmt. Die Folgen der hochproduktiven, effizienten Landwirtschaft sind verheerend.
A n Schnitzel, Wurst und Gummibärchen denkt man nicht sofort beim deutschen Erfolgsmärchen „Made in Germany“. Dabei ist auch die Agrarindustrie längst auf Export getrimmt und verkauft rund ein Drittel ihrer Waren in alle Welt, vor allem Fleisch und Süßigkeiten. Unterstützt werden Landwirte und Hersteller in ihrer Auslandsstrategie von der Bundesregierung, etwa mit kostenlosen Marktstudien, Messeauftritten und zudem Exportbeihilfen der EU.
Die Folgen einer hochproduktiven, effizienten Landwirtschaft, die im globalen Wettbewerb mithalten kann, sind verheerend. Das Wasser in den Zentren der Viehmast im Nordwesten ist mit Nitrat verseucht, die Böden intensiven Ackerbaus im Nordosten leiden unter Erosion, überall auf dem Land verschwinden Insekten- und Vogelarten. Und in den Ställen der Agrarbetriebe drängen sich kranke und misshandelte Tiere.
Das ist der Preis für das Wachstum der Agrarindustrie. Es ist gut, wenn die Verbraucher im Inland Bioprodukte kaufen und weniger Fleisch essen. Solange aber die konventionellen Produzenten die schrumpfenden Marktanteile mit Exporten kompensieren können, verbessert sich die Lage von Natur und Nutztier nicht. Nicht der Konsument verursacht das Übel, sondern der Landwirtschaftsminister. Nur er kann Ställe vergrößern, Medikamente verbieten, Exporthilfen streichen.
Übrigens ist die Agrarbranche die einzige Industrie, die überwiegend auf heimische Ressourcen angewiesen ist (auch wenn die Schweinemast ohne Soja aus Südamerika nicht machbar wäre). Die Automobil-, Chemie- oder Maschinenbaubranche kaufen ihr Eisen, Neodym oder Erdöl in den rohstoffreichen Ländern des Südens.
Die Folgen des Bergbaus, Schwermetalle in der Umwelt und zerstörte Landschaften, tragen Mensch und Natur vor Ort. Insofern zahlen wir die Rechnung der Agrarindustrie selbst, während die anderen Branchen sie weltweit offen lassen.
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