Kommentar Kühne und Nagel: Wer, wenn nicht wir alle
Die taz will auf vier Quadratmetern ein Mahnmal für die „Arisierungs“-Geschäfte der Firma Kühne und Nagel errichten – mit überwältigender Resonanz.
D ie taz sammelt Geld für ein „Arisierungs“-Mahnmal, und die überwältigende Resonanz auf diesen Crowdfunding-Aufruf ist ein starkes Signal: Das Leugnen und Beschönigen der eigenen Geschichte à la Kühne und Nagel wird gesellschaftlich nicht hingenommen.
Die Chance auf eine öffentliche Erinnerung an die monströse NS-Geschichte des Logistikkonzerns entsteht ausgerechnet durch die übereifrige Investorenpflege seitens des Bremer Senats: Er will der Spedition den Neubau seines Stammsitzes am Weserufer versüßen – und fordert für das prominent gelegene Grundstück nur 900 Euro pro Quadratmeter. Darf er sich da über Mitbieter wundern?
Die taz will nur vier Quadratmeter des bislang öffentlichen Platzes sichern, um dort das Mahnmal zu errichten. Müsste sie da nach Maßgabe der Bremer Haushaltsnotlage mit ihrem höheren Gebot nicht zum Zuge kommen …? Wir wissen, dass unsere Aktion womöglich „nur“ symbolischen Wert hat – und geben das Geld, wenn wir scheitern, wie bereits angekündigt, der Jüdischen Gemeinde.
Doch das große Echo auf unser Crowdfunding zeigt, dass das Thema politisch noch lang nicht ausdiskutiert ist: Und wer, wenn nicht ein rot-grüner Senat im kleinen Bremen, sollte in der Lage sein, der Erinnerung an NS-Unrecht einen angemessenen Ort zu verschaffen?
In Bezug auf Kühne und Nagel ist die Hoffnung auf Einsicht weitaus geringer. Denn es ist ja viel einfacher, das Fehlverhalten eines Vorvorvorgängers als Aufsichtsratschef einzuräumen als die Skrupellosigkeit des eigenen Großvaters – oder Vaters.
Als Klaus-Michael Kühne, der heutige Mehrheitsaktionär, 1937 zur Welt kam, war sein Vater schon seit fünf Jahren Geschäftsführer. Und Kühne, der allen Aufarbeitungsbemühungen zähen Widerstand entgegensetzt, schafft es nicht, aus dessen Schatten zu treten. Im Gegenteil: Der neue Stammsitz ist als Baudenkmal der Kühne-Dynastie gedacht. Wir wollen etwas anderes.
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